Filmische Botschafterin Afrikas

Von Bernd Sobolla |
Die 62-jährige Senegalesin Safi Faye gilt als erste Filmemacherin Schwarzafrikas. Derzeit stellt sie auf Einladung des Evangelischen Zentrums für Entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF) und der Bundeszentrale für politische Bildung in sieben deutschen Städten ihr filmisches Schaffen vor. In ihren Filmen beschreibt sie die Lebensumstände der Landbevölkerung im Senegal und wie sie auf die Herausforderungen der Moderne reagiert.
Szene aus "Kaddu Beykat": "Malinke… Kommt essen! Bevor ihr zur Arbeit aufs Feld geht, müsst ihr essen! Ein leerer Sack kann nicht aufrecht stehen."

Alltag in einem senegalesischen Dorf in der Nähe der Atlantikküste: Ein Vater weckt seine Kinder, bereitet sie auf die Feldarbeit vor. 1972 drehte Safi Faye diesen Dokumentarfilm, der den Namen ihres Großvaters trägt - "Kaddu Beykat". Er handelt davon, wie schwer es ist, als Kleinbauer im Senegal zu überleben. Es regnet immer seltener, die Ernten fallen aus, und die jungen Leute sind gezwungen, in den Städten für ihre Familien zu arbeiten oder dort das Geld für ihre Hochzeit zu verdienen.

Die wirtschaftliche Situation der Landbevölkerung, ihre Traditionen und Familienwerte sind die Themen, mit denen sich Safi Faye in ihren Filmen auseinandersetzt. Obgleich sie selbst aus Dakar kommt, der Hauptstadt Senegals.

Safi Faye: "Ich bin in Dakar aufgewachsen, der Hauptstadt von ganz West-Afrika. Und doch bin ich als Französin aufgewachsen. Es war fast so, als wäre ich auf der Champs Elyssee groß geworden. Und als Französin mit senegalesischem Ursprung bin ich in den 60er Jahren zum Studieren nach Frankreich gegangen. Ich beschloss, meine eigene afrikanische Kultur, die ich nie hatte, kennen zu lernen. "

Und so geht die 1943 in Dakar geborene Safi Faye nach Paris, wo sie zunächst Ethnologie studiert. In Paris lernt sie den Filmemacher Jean Rouch kennen. Und inspiriert von einer kurzen Zusammenarbeit, schreibt sich Safi Faye zusätzlich an der Filmhochschule ein und widmet sich später ganz dem Medium.

Zwischen 1972 und 1979 dreht sie drei Dokumentarfilme, "La Passante", "Kaddu Beykat" und "Fad´jal. Alle thematisieren das Leben im Senegal zwischen traditioneller Stammeskultur und wirtschaftlicher Veränderung. 1996 schließlich drehte Safi Faye "Mossane", ihren ersten Spielfilm, der mehrfach ausgezeichnet wurde.

Der Film beruht auf einer Legende: Alle zweihundert Jahre wird ein Mädchen geboren, das wegen seiner Schönheit sterben muss. Die 14-jährige Mossane wurde Diogoye versprochen, einem in Frankreich lebenden wohlhabenden Emigranten. Denn bei der Suche nach einem Ehemann standen sowohl Tradition – die von den Eltern arrangierte Hochzeit - als auch wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund.

Doch Mossane liebt Fara, der in Dakar studiert, dessen Eltern aber kaum Geld haben. Mossane widersetzt sich dem Willen der Eltern und stellt damit das Wertesystem der ganzen Gemeinschaft in Frage… Die Filmemacherin betont zwar, dass noch heute viele Hochzeiten im Senegal arrangiert werden, dass dies aber nur selten gegen den Willen der Heiratenden geschieht.
Safi Faye: ": Diese Geschichte habe ich erfunden. Außerdem hat in dem Film auch meine Mutter einen Mann geheiratet, den ich ebenfalls erfunden habe. Wissen Sie, viele europäischer Kritiker machen aus den Geschichten, die aus Afrika kommen, gleich Legenden, weil sie einfach nicht glauben, dass wir Afrikaner unsere eigenen Geschichten auch kreieren können. "

Mit vielen Details schildert Safi Faye in ihren Filmen die dörflichen Traditionen. Dabei nimmt vor allem der Arzt eine wichtige Stellung ein. Ein Magier, der die Krankheiten seiner Patienten herausfindet, indem er kleine Wurzeln wie Würfel auf ein Brett wirft und anschließend die Menschen durch Beschwörungsrituale zu heilen versucht. Zum Stammesleben gehören aber auch Prozessionen, in denen für Regen gebetet wird, der aber meist ausbleibt. Wobei sich die Dorfbewohner nicht an Gott wenden, sondern an ihre Urväter und Ahnen.

Safi Faye schildert die Kultur ihres Landes mit großer Anteilnahme. Aber ihr Einfluss als Filmemacherin ist gering: Zum einen ist es in Afrika noch viel schwieriger, einen Film zu produzieren. Zum anderen existieren Kinos meist nur in Dakar. Viele Dörfer sind nicht einmal ans Elektrizitätsnetz angeschlossen. Dafür aber haben sie einen so genannten Palaverbaum, unter dem sich täglich die Menschen versammeln, um sich auszutauschen und ihre Erzählkultur zu pflegen.

Im Westen sehen viele Afrika als Kontinent, der an Aids, politischer Unterdrückung und Dürrekatastrophen zugrunde gehe. In Afrika hingegen gibt es inzwischen eine Bewegung, die ihre Zukunft in der Rückbesinnung auf ihre alten Kulturen sieht. Aber nicht nur deswegen, glaubt Safi Faye, habe Afrika eine Zukunft.

Safi Faye: " Afrika ist ein armer Kontinent. Das habe ich immer gesagt. Nicht wegen der Kolonisation oder so, sondern weil es in einem Land wie dem Senegal z.B. nur zwei Monate im Jahr regnet. Die Erde ist schwer zu bearbeiten, und davon muss man auch noch leben. Aber die Stärke von Afrika ist das Lachen, die Solidarität, die Sonne. Die Menschen haben einfach eine positive Haltung und das spürt man. … "

Service:
Die Tourneedaten von Safi Faye sind wie folgt: 16. Juni: Berlin: Kino Arsenal; 17. Juni, Magdeburg: Eine-Welt-Haus; 18. Juni, Leipzig: Cineding; 19. Juni, Chemnitz: Kraftwerk; 20. Juni, Nürnberg: Filmhaus; 21. Juni, Halle: Kino Lux und 23. Juni, Herdecke: Kino Onikon.
Weitere Informationen unter:

Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit
Bundeszentrale für politische Bildung: Schwerpunkt Africome