Filmen als Passion

17.01.2008
Der Film "Drachenläufer" erzählt die Geschichte vom Ende einer Freundschaft zweier Jungen in Afghanistan. Der in Ulm geborene und in der Schweiz aufgewachsene Regisseur Marc Forster verfilmte das Buch von Khaled Hosseini, nachdem er sich in Hollywood mit Filmen wie "Monsters Ball" und "Finding Neverland" einen Namen machte. Nun dreht er den neuen "James Bond".
Beim Drachenfliegen sind Amir und Hassan ein unschlagbares Team, doch als Hassan von einer Bande Jugendlicher misshandelt und erniedrigt wird, lässt ihn Amir im Stich. Kurze Zeit später marschieren in Kabul die Sowjets ein, und Amir und sein Vater flüchten in die USA. Aber das Schicksal meint es gut mit ihm. Er wird zu einem erfolgreichen Schriftsteller. Eines Tages holt Amir die Vergangenheit ein. Er muss zurück in sein Heimatland, um dort etwas für den Mann zu tun, den er einst verraten hat. Aber in Afghanistan herrschen nun die Taliban. Die Reise zurück wird lebensgefährlich. Diese Geschichte um Schuld und Sühne interessierte Regisseur Marc Forster ebenso wie die seelischen Verletzungen der Protagonisten.

"Ich glaube, dass wir alle als Kinder irgendwo verletzt worden sind auf eine gewisse Art und Weise und diese Dinge, die wir erlebt haben als Kinder immer wieder hervor kommen und wir uns damit versuchen zu konfrontieren und wir sehr geprägt sind durch das. Jedem bewussten Mensch sein Ziel ist es, sich innerlich zu heilen, oder ein gewisses Gleichgewicht in seinem Leben zu erreichen."

Marc Forster ist eine überzeugende Verfilmung gelungen, auch weil er sich vor Drehbeginn mit vielen Exil-Afghanen in den USA traf und auch selber nach Kabul reiste. Für den Regisseur kam es nie in Frage, den Film mit Hollywoodstars zu besetzen, oder ganz auf Englisch zu drehen. So sprechen im Original die Darsteller hauptsächlich Dari, eine von zwei afghanischen Landessprachen. Trotzdem läuft der Film in den USA hervorragend und spielte bereits über zehn Millionen Dollar ein. In Deutschland wurde Drachenläufer, der im Original mehrsprachig ist, leider synchronisiert. Sind Amerikaner was die Originalsprache angeht, mittlerweile toleranter als Deutsche?

"Ich glaube mehr und mehr, dass die amerikanischen Zuschauer scheinbar offen sind, weil die Welt wird immer kleiner und kleiner und Leute sind sich einfach bewusst, was echt und was nicht echt ist, und ich glaube, dass den das wirklich anfängt aufzufallen. Und hier in Europa hat die Synchronisation ne ganz andere Bedeutung, geschichtlich her. Es ist für mich schwierig, Filme zu sehen, die synchronisiert sind. Das fällt mir wirklich schwer, auch wenn ich hier jetzt den Fernseher anmache und mir Filme anschaue, die synchronisiert sind. Irgendetwas fehlt und stimmt nicht. Aber die Leute gewöhnen sich einfach daran und hinterfragen das gar nicht mehr."

Marc Forster hat mit "Drachenläufer" erneut seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt, nachdem ihm mit "Monsters Ball" vor vier Jahren der Durchbruch gelang. Selten gab es im amerikanischen Kino ein so ungleiches Paar wie die Afroamerikanerin Letecia und den weißen Rassisten Hank. Halle Berry spielte Letecia so verzweifelt und gebrochen, dass sie für ihre Rolle zu Recht den Oscar bekam. Mit Billy Bob Thornton an ihrer Seite als Hank ging es in "Monsters Ball" um zwei vom Leben Betrogene, die sich selbst und ihren Lebensmut wiederfinden. Als nächstes drehte Marc Forster den schönen "Finding Neverland" mit Johnny Depp und Kate Winslet, wandelte dann mit "STAY" auf den Pfaden von David Lynch. Die Geschichte um einen Psychiater, er einen labilen jungen Mann vom Selbstmord abhalten möchte, war verworren, verstörend und irgendwie auch faszinierend. Im Kino floppte das Werk. Marc Forster hatte für diesen experimentellen, aber für ihn sehr persönlichen Film das Angebot ausgeschlagen, bei "Harry Potter" Regie zu führen. Um Geld geht es ihm in seiner Arbeit nicht.

"Ich habe mich sehr früh dafür entschieden, dass ich nur das machen kann, für das ich 'Passion' habe, sonst wäre ich in der Schweiz geblieben und hätte 'Banking' gemacht. Aber ich hatte ja keine Verantwortung, keine Familie, die ich ernähren muss oder so. Ich kann eigentlich sehr einfach und bescheiden leben und es ging mir eigentlich nie darum, wie viel ich bezahlt bekomme. Das ist eigentlich nebensächlich. Die Bezahlung an sich ist nur eine Respektfrage.""

Bisher konnte Marc Forster noch mit jedem Film beweisen, dass die Stoffe, die er bearbeitet, von seinem europäischen Blick von außen profitieren. Nun dreht er den neuen James Bond. Offiziell darf er über die Handlung nichts sagen, verrät jedoch was ihn an dieser Herausforderung so reizte.

"Am Anfang, wo ich die Produzenten getroffen habe, war ich mir noch nicht sicher, ob ich den Film machen sollte oder nicht. Aber ich finde Daniel Craig hat James Bond … gab ein ganz neues, psychologisches Bild. Dieses psychologische Bild finde ich sehr interessant, weil schlussendlich, wie James Bond angefangen hat mit den exotischen Locations, das kennt man ja heute alles. Die Erde ist ja so klein geworden und Leute können an diese Locations selber reisen …Ich glaube, dass eigentlich die Reise, die sehr schön ist, ist die innere Reise in James Bond, weil die hat man noch nicht gesehen. Die wurde so ein bisschen angefangen, aufgerissen im letzten, aber die fortzuführen, finde ich viel interessanter."

Man darf gespannt sein, ob es Marc Forster gelingen wird, auch beim "Bond" seine persönliche Handschrift einzubringen. Nach dieser Megaproduktion, seinem sechsten Film innerhalb von fünf Jahren, will der 39-jährige Marc Forster dann erst einmal eine Auszeit nehmen.