Filmemacherin über die verstorbene Agnès Varda

"Sie war ihrer Zeit voraus"

05:14 Minuten
Die am 29. März 2019 verstorbene Filmregisseurin Agnes Varda war eine Einzelerscheinung innerhalb der Nouvelle Vague-Filmschaffenden. Das Foto zeigt sie 2015 draußen vor einem Gebäude - im Hintergrund ist Pflanzenbewuchs zu sehen.
Brachte die Wirklichkeit in den Film: Die am 29. März verstorbene Regisseurin Agnès Varda. © newscom/picture alliance/dpa
Jutta Brückner im Gespräch mit Marietta Schwarz · 29.03.2019
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Agnès Varda ist aus der Gruppe der Nouvelle-Vague-Regisseure nicht wegzudenken. Trotzdem hatte sie ein Alleinstellungsmerkmal: Sie sei die erste gewesen, die die Realität in Frankreich ungeschminkt abgebildet habe, sagt Filmregisseurin Jutta Brückner.
Die verstorbene französische Regisseurin Agnès Varda ist oft als die Mutter der Nouvelle Vague bezeichnet worden. Doch habe Varda eigentlich nie im Zentrum der Avantgarde um Regisseure wie Jean-Luc Godard oder Jacques Rivette gestanden, sagt Jutta Brückner.
Für die Direktorin der Sektion Film- und Medienkunst der Akademie der Künste in Berlin hat Varda innerhalb der Nouvelle Vague ein Alleinstellungsmerkmal – nicht nur, weil sie die einzige Frau war: "Sie war ihrer Zeit ein bisschen voraus. Allerdings nicht so, wie ich es mal gelesen haben: Sie sei die Großmutter der Nouvelle Vague. Aber sie hat sehr früh etwas gemacht, was damals in französischen Filmen nicht gemacht wurde – und was die Nouvelle Vague dann ausgezeichnet hat: Das war eine Hinwendung zur Wirklichkeit – ganz egal, ob man nun Dokumentarisches auch in Spielfilme eingefügt hat oder ob man Formen erfunden hat, wie besonders Godard es gemacht macht -, eine Art der Filmerzählung zu schaffen, in der die Wirklichkeit selber zur Sprache kommt."

Beeindruckend: "Le Bonheur" und "Sans toit ni lois"

Varda habe das damals übliche Schema – fiktive Geschichten, die in geschlossenen Räumen mit schweren 35-Millimeter-Kameras gedreht wurden - aufgebrochen, betonte Brückner, die ebenfalls Filmregisseurin ist. Zwei Filme aus Vardas Werk sind ihr besonders im Gedächtnis geblieben: "Le Bonheur", der das Glück aus Sicht eines Mannes beschreibt, und "Sans toit ni lois" ("Vogelfrei", mit Sandrine Bonnaire in der Hauptrolle). So viel Leichtigkeit bei dem frühen "Le Bonheur" mitschwinge, so schwer und hart sei "San toit ni lois" von 1985, der die Geschichte und das bittere Ende einer Streunerin erzählt.
Zweimal sei sie der französischen Kollegin persönlich begegnet – und immer sehr beeindruckt von ihr gewesen, sagte die Filmexpertin. (mkn)

Hören Sie auch den Nachruf auf Agnès Varda von Sabine Wachs:
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