Film der Woche: "Eldorado"

Flüchtlingskrise aus persönlicher Perspektive

Markus Imhoof hält ein altes Foto in den Händen.
Der Regisseur Markus Imhoof filmt die Rettung hilfloser Flüchtlinge, zeigt ihre Ausbeutung in Italien und ihre weitere Flucht durch Europa. © © Majestic/zero one film / Peter Indergand
Von Patrick Wellinski · 26.04.2018
Markus Imhoof habe mit "Eldorado" einen Pflichtfilm für Politik und Gesellschaft geschaffen, sagt unser Kritiker Patrick Wellinski. Er zeigt die Enttäuschungen, die auf Flüchtlinge in Europa warten. Und verknüpft die Dokumentation mit seiner eigenen Geschichte.

Worum geht es?

Mit seiner Oscar nominieren Dokumentation "Das Boot ist voll" von 1981 war es dem Schweizer Dokumentarfilmer Markus Imhoof gelungen, die restriktive Flüchtlingspolitik seines Landes während des Zweiten Weltkriegs bloßzustellen. In "Eldorado" widmet sich Imhoof den aktuellen Flüchtlingsströmen nach Europa. Er begleitet ein Schiff der Mare-Nostrum-Mission im Mittelmeer, ist dabei wie die hilflosen Boat People gerettet und aufgenommen werden. Doch wer das Goldene Land erwartet hat, wird bitter enttäuscht. Imhoof zeigt das Unmenschliche der Aufnahmeprozeduren, die Ausbeutung durch die italienische Mafia in illegalen Arbeiterghettos, die beschwerliche Reise illegal durch den Kontinent, um dann wieder bei der Schweizer Flüchtlingspolitik zu landen, die ihre Lektion immer noch nicht gelernt hat.

Was ist das Besondere?

Imhoof verknüpft seine Bilder von der aktuellen Lage mit seiner Biografie. Im Off entspinnt er einen Dialog mit Giovanna. Giovanna war ein italienisches Flüchtlingskind, das Markus Imhoof und seine Eltern in den 40er Jahren in der Schweiz aufnahmen. Die Politik der Zeit brachte die beiden kleinen Freunde auseinander. Ein Trauma, das den Regisseur Imhoof bis heute prägt. Giovanna erzählt er, was er heute im Mittelmeer erlebt. Daraus entwickelt dieser stille und kluge Film eine sehr durchdringende Kraft. Die Flüchtlingserfahrung von Giovanna und den heutigen Boat People, so anders die Umstände, gleichen sich doch auf irritierende Weise.

Bewertung

Die Verschränkung von Biographie und aktueller Politik macht "Eldorado" zu einem herausragenden Film. Dies ist keine rein beobachtende Dokumentation über die Flüchtlingsströme nach Europa, wie es sie derzeit so häufig gibt. Imhoof - großer Dokumentarist, der er nun mal ist - versteht es Kreisläufe von Ausbeutung und Hoffnungslosigkeit derart nüchtern und sachlich zu zeigen, sodass die Missstände und Fehler der internationalen Gemeinschaft sehr deutlich zu Tage treten. Ein Pflichtfilm für Politik und Gesellschaft.

"Eldorado"
Dokumentarfilm Schweiz, 2018
Regie: Markus Imhoof

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