Fiktive Presseschau

Helmut Schmidt fürchtet EU-Menthol-Verbot

Von Klaus Pokatzky · 31.12.2013
Endlich! Der frühere Bundespräsident Christian Wulff und der einstige Psychiatrieinsasse Gustl Mollath bekommen eine Talkshow bei ProSieben. Überraschend auch: Ulla Unseld-Berkéwicz und Hans Barlach haben ihre Anteile am Suhrkamp-Verlag einträchtig an das Haus Springer verkauft.
"Der Mensch hat offensichtlich doch von allen Tieren am meisten mit dem Hamster gemein."
Das lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG nach dem sensationellen Fund von Briefmarken bei dem ehemaligen Leipziger Postboten Thomas Ködt.
"Was dieser Mann bis zu seiner Pensionierung und darüber hinaus gesammelt und gehortet hat",
schreibt Jürgen Bieling,
"das geht auf keine Elefantenhaut. Mit seinen 320 Briefmarkenalben, Schwerpunkt aus dem ehemaligen Ostblock, reicht er fast heran an die weltweit größte Briefmarkensammlung des britischen Königshauses mit 400 Alben."
Aufgefallen war der Thomas von der Post ja, als er in seinem Supermarkt Lebensmittel mit Briefmarken aus der alten Sowjetunion bezahlen wollte – so dass nun Gerüchte kursieren, er habe seine gigantische Sammlung bereits zu DDR-Zeiten mit Hilfe exzellenter Beziehungen zu Soldaten der sowjetischen Streitkräfte begonnen.
"Der russische Präsident Wladimir Putin allerdings ist auf dem Holzweg",
findet Jürgen Bieling in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN,
"wenn er, wie angekündigt, diesen Markenschatz verrechnen will mit deutschen Forderungen nach der Rückerstattung deutscher Kunstwerke, die einst Soldaten der Roten Armee aus Deutschland in die Sowjetunion entführten. Der Leipziger Postillon Ködt hat für seine Sammlung die Sowjetsoldaten immer in Ostmark bezahlt."
Großes Aufsehen hat auch die Klage von Franz-Peter Tebartz-van Elst vor einem amerikanischen Bundesgericht hervorgerufen: der immer noch vom Dienst suspendierte Bischof von Limburg.
"In Zusammenhang mit dem amerikanischen Spionage- und Ausspähunternehmen NSA haben wir ja schon manche Tollheit über uns ergehen lassen müssen",
meint CHRIST UND WELT, die Beilage in der Wochenzeitung DIE ZEIT.
"Bischof Tebartz-van Elst ist nun der Erste, der mit seiner Klage vor den amerikanischen Gerichten die NSA dazu zwingen will, dass sie ihn abhört",
schreibt Gabriel Graf.
"Seine Begründung, er sei zu wichtig, als dass er von Abhörern einfach ignoriert werden dürfe, lässt darauf schließen, dass sein Zwangsaufenthalt in dem bayerischen Kloster Metten seinem Geisteszustand nicht zuträglich ist. Wahrscheinlich erscheint ihm als nächstes die Jungfrau Maria. Wir würden es ihm wünschen."
Die neue Fernsehtalkshow auf Pro Sieben entzweit die Feuilletons.
"Wollath-Mulff nein Danke!",
titelt die TAZ.
"Eine echte Bereicherung unseres Programmangebots",
findet hingegen die WELT – dass nun der frühere Bundespräsident Christian Wulff und der einstige Psychiatrieinsasse Gustl Mollath sich als Moderatoren austesten können.
"Ihre ersten Studiogäste zeigten sich auch von ganz ungewohnten, erfrischenden Seiten",
meint Claudia Bieler in der WELT.
"Es ist erholsam, wenn Helmut Schmidt einmal nicht von China erzählt, sondern von seinem Vorrat von 40.000 Menthol-Zigaretten – weil er ein Menthol-Verbot durch die Europäische Union befürchtet. Genauso Peer Steinbrück, der nicht über den Euro-Rettungsschirm oder seine gescheiterte Kanzlerkandidatur redet, sondern launig und geistvoll die schönsten Exemplare aus seiner Sammlung von 3500 Glühbirnen präsentiert – die ja schon lange bei der EU auf dem Index stehen."
Eine Sammlung der ganz besonderen Art wurde bekanntlich in Frankfurt präsentiert.
"Der Mensch ist des Menschen Hamster",
erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG nach dem sensationellen Fund von Münzen bei dem ehemaligen Frankfurter Bankier Dagobert von Knackstedt.
"Was dieser Mann bis zu seiner Pensionierung und darüber hinaus gesammelt und gehortet hat",
schreibt Roman Timmert,
"das gehört sofort nach Fort Knox, den Schatzbunker der Vereinigten Staaten – aber es gehört nicht in eine Eigentumswohnung im Frankfurter Westend. Mit seinen 150.000 Münzen und Geldscheinen hat er immerhin die Hälfte der Staatlichen Münzsammlung in München erreicht."
Aufgefallen war der Dagobert von der Bank ja, als er in seinem Golfclub die Mitgliedschaft mit Münzen aus der alten Römerzeit bezahlen wollte.
"Die kapitalismuskritischen Aktivisten von Attac sind allerdings auf dem Holzweg, wenn sie Dagobert von Knackstedt unterstellen, er habe seine Sammlung widerrechtlich erworben",
schreibt Roman Timmert in der SÜDDEUTSCHEN.
Tatsächlich hat er Münzen schon als kleiner Junge gesammelt und das mit dem Verkauf seiner alten Micky-Maus-Hefte auf dem Frankfurter Flohmarkt finanziert.
Um viel Geld ging es auch bei Deutschlands berühmtestem Buchverlag.
"Die gute Nachricht: Endlich ist der Streit um die Herrschaft bei Suhrkamp beendet",
freut sich die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
"Ulla Unseld-Berkéwicz und Hans Barlach haben ihre Anteile einträchtig an das Haus Springer verkauft",
schreibt Susanne Hurk-Bart.
"Die schlechte Nachricht: Mit Klaus Wowereit, dem zurückgetretenen Berliner Bürgermeister, und mit Guido Westerwelle, dem zurückgetreten wordenen Bundesaußenminister, sind zwei gescheiterte Existenzen aus der Politik zu neuen Verlagsgeschäftsführern ernannt worden, die bisher als Liebhaber der guten Literatur nicht gerade öffentlich in Erscheinung getreten sind. Wenn nun ausgerechnet ihre erste Buchneuerscheinung der Band "Ich könnte ein Dirndl ausfüllen" des FDP-Politikers Rainer Brüderle ist, lässt das Schlimmstes befürchten."
Um die Volkskultur, um die Brauchtumspflege, hat sich ja auch ein ehemaliger Kumpel aus dem Ruhrgebiet verdient gemacht.
"Homo homini Cricetus – der Mensch ist des Menschen Hamster",
lesen wir in der Zeitschrift DER FACHBERATER, dem Mitteilungsorgan des "Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde" – nach dem sensationellen Fund von Gartenzwergen bei dem pensionierten Bergmann Eduard-Maloppo aus Bochum-Linden.
"1212 Gartenzwerge hatte er in seinem Schrebergarten gehortet",
schreibt Marie Magenscheider.
"Und ins Licht der Medien geriet er nur, weil er in seiner Stammkneipe "Zum Fidelen Klaus" seinen Deckel mit einem Gartenzwerg aus polnischer Billigproduktion bezahlen wollte. Wir stehen hinter unserem Schreber-Kameraden."
Und wo bleibt das Positive? Im Berliner TAGESSPIEGEL meldet es Gitta Ruse:
Das Wort des Jahres 2014 ist "Gurlitten".