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Zum Tod von Robin Williams
Der ernsteste Spaßvogel von Hollywood

Trotz seiner Scherze und Manierismen prägte Robin Williams viele Filme als ernsthafter Charakterdarsteller. Nur ihm konnte man Stoffe anvertrauen, die man"Komödien mit Tiefgang" nennen könnte. Mit seinen rund 60 Filmen hat er viele Menschen zum Lachen gebracht und zugleich ihre Seele berührt. Ein Nachruf von Josef Schnelle.

Von Josef Schnelle | 12.08.2014
    Szene mit Robin Williams in dem Kinofilm "Good Will Hunting" von Gus Van Sant
    Szene mit Robin Williams in dem Kinofilm "Good Will Hunting" von Gus Van Sant (picture alliance / dpa)
    Robin Williams bringt als Lehrer seinen Schülern ein Gedicht nahe und zugleich den Schauder vor der Vergänglichkeit. In "Der Club der toten Dichter" sang der australische Regisseur Peter Weir 1989 ein Loblied auf die Pädagogik und die Poesie. Und er wählte Robin Williams als seinen Protagonisten aus. Eine Paraderolle für den gelernten Stegreifkomödianten, der sich bis 1982 mit einer Sitcom um den brabbelnden Außerirdischen "Mork vom Ork" einen Namen gemacht hatte. Dafür bekam er auch seinen ersten großen Filmpreis: einen Golden Globe.
    Auf seinen Oscar musste er bis 1998 warten, für den Part eines Psychiaters, der einem überforderten Mathematikgenie einen Weg ins Leben weist. Wieder ein Pädagoge mit ungewöhnlichen Methoden. Als er zum Beispiel den schweigsamen Jungen zum Reden bringen will, stellt er ihm keine Frage. Vielmehr pfeift er ein Liedchen und nickt scheinbar ein. Diese Idee stammt nicht von Regisseur Gus van Sant, sondern von Robin Williams, der stets ein Mitgestalter der Filme war. Solche Improvisationskunst ist ein wichtiges Element seiner Schauspielkunst. Schon bei den letzten Folgen der Serie "Mork von Ork" bekam er statt Drehbüchern nur noch grobe Ideenskizzen der Filmautoren, die er dann frei interpretierte. Auch in seinen Kinofilmen arbeitete er mit viel Freiraum. Immerzu - in jeder Lebenssituation - schnappe er Gags auf, die er dann im richtigen Moment wieder hervorkrame und in eine Szene umsetze, hat Robin Williams einmal zu Protokoll gegeben. Die Leichtigkeit des Spiels, die er in seinen Filmen ausstrahlt, hat darin vielleicht ihren Urgrund. Auch Barry Levinson machte sich das für seinen Film über einen populären Radiomoderator im Vietnamkrieg zunutze. Mit einem herausgebrüllten "Good Morning Vietnam" beginnt der jede seiner Sendungen, die Rock n´Roll-Musik und Truppenbetreuung zu einem unübersetzbaren mitreißenden Kauderwelsch verbindet. Im Film "Good Morning Vietnam" zeigte sich Robin Williams auch abseits der Show-Szenen im Rundfunkstudio als überzeugender und mitreißender Schauspieler.
    Williams prägte viele Filme als ernsthafter Charakterdarsteller
    Die ernsthafteste Schauspielarbeit des Komödianten war aber 1991 "Der König der Fischer" von Terry Gilliam, der die Geschichte eines durch den Tod seiner Frau traumatisierten Obdachlosen erzählt, der seinen Peiniger Jack – gespielt von Jeff Bridges – zu einem modernen Gralssucher macht. Robin Williams prägte diesen und viele andere Filme trotz seiner Scherze und Manierismen als ernsthafter Charakterdarsteller. Nur ihm konnte man Stoffe anvertrauen, die man "Komödien mit Tiefgang" nennen könnte. Zum Beispiel 1999 das amerikanische Remake von "Jakob der Lügner" nach Jurek Becker. Als Sympathieträger gewann Robin Williams unsere Herzen und öffnete uns klammheimlich immer wieder neue Erfahrungshorizonte ganz so wie der Lehrer aus "Der Club der toten Dichter". Natürlich hat Williams auch ganz einfache Kinder- und Jugendfilme gemacht wie "Hook", in dem er Peter Pan verkörperte, oder wie "Mrs Doubtfire" als schrullige Haushälterin. Immer wieder kehrte er auch auf die Bühne zurück und trat in Stegreifshows auf, bei denen er nach Begriffen auf einer Tafel Sketche improvisieren musste.
    Mit seinen rund 60 Filmen hat er viele Menschen zum Lachen gebracht und zugleich ihre Seele berührt. Zuletzt wurde der Kampf gegen Alkoholsucht und Drogen zu einem der Hauptthemen seines Lebens, dem er sich in Talkshows und Interviews mutig stellte. In einem Gespräch verglich er den Zustand ganz Amerikas mit einer "Rehab", einer Reha, in die er sich selbst immer häufiger begeben musste.. Über mangelnde Liebe und Zuwendung des Publikums hat Robin Williams sich niemals beklagen können. Jeder wird sich da an einen anderen Moment aus diesem großen Schauspielerleben erinnern.