Fetscher über Sozialleistungen

"Kindergeld ist grotesk, wenn es mit der Gießkanne verteilt wird"

Pressekonferenz der SPD zum Abschluss der Klausurtagung am 05.11.2018 im Willy-Brandt-Haus in Berlin mit der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles (r.) und der SPD-Bundesspitze: Stephan Weil, Ministerpräsident in Nordrhein-westfalen, Manuela Schwesig, Ministerpräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern, Katarina Barley, Bundesjustizministerin (v.l.n.r.)Foto: Wolfgang Kumm/dpa | Verwendung weltweit
Nach einer Ankündigung vom Wochenende wollen die Sozialdemokraten Hartz IV hinter sich lassen. © dpa/Wolfgang Kumm
Caroline Fetscher im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 12.11.2018
Was kommt nach Hartz IV? Mit welchen Inhalten die SPD ihre angekündigte Reform der Sozialgesetze füllen möchte, kann man derzeit nur erahnen. Caroline Fetscher vom Tagesspiegel hofft, dass insbesondere das Kindergeld in Zukunft da lande, wo es gebraucht werde.
"Wir werden Hartz IV hinter uns lassen", versprach SPD-Chefin Andrea Nahles am Wochenende beim Debattencamp. "Die Menschen brauchen einen freundlichen, einen zugewandten, einen echten Sozialstaat." Und doch sind die Pläne der Sozialdemokraten bisher mehr als unkonkret.
Nahles rede auf "eine Weise pauschal" und "ohne Inhalte", dass es sie erschüttere, kritisierte unser Studiogast Caroline Fetscher vom Berliner Tagesspiegel und verlangte grundlegende Reformen des Sozialstaats.

"Gratis Mittagessen für alle" - wie in Skandinavien

Es sei genug Geld da, sagte Fetscher und fragte sich, in welche Richtung die Sozialdemokraten denn nun streben. Insbesondere fürchtete die Journalistin, dass wieder "mal hier drei Euro mehr, mal dort fünf Euro mehr" investiert würden.
Stattdessen sei es dringend geboten, mehr Geld ins Bildungssystem zu geben, "da, wo wirklich die Chancen entstehen". Fetscher forderte: "Es müsste zum Beispiel an jeder Schule gratis ein Mittagessen für alle geben. Das gibt es in Skandinavien längst. Das ist machbar. Das ist auch drin im System."

Wer 100.000 Euro verdient, braucht kein Kindergeld

Kindergeld werde im Moment an jeden – an jeden Beamten und Bankier – gezahlt. Besser wäre es ihrer Ansicht nach, Kindergeld - wie in Kanada - gestaffelt nach Einkommen zu zahlen.
Dass Kindergelderhöhungen derzeit ausgerechnet bei den Hartz IV-Empfängern nicht ankommen, hielt Fetscher für grotesk.
"Erstens ist Kindergeld an sich grotesk, wenn es mit der Gießkanne an alle verteilt wird, weil es viele gar nicht brauchen. Wenn ich 100.000 Euro im Monat Einkommen habe, brauche ich kein Geld", sagte sie.
Ebenso grotesk seien die Fälle, die jeder kenne: Wenn nämlich Hartz IV-Empfänger das System dadurch unterliefen, dass sie schwarz putzen oder malern gingen und dann auch noch die Angst haben müssten, erwischt zu werden.
(huc)
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