Festspiele

"Mittelmaß ist für Bayreuth tödlich"

Besucher warten am 25.07.2014 bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele auf dem Grünen Hügel in Bayreuth (Bayern) bei einer unplanmäßigen Unterbrechung wegen eines technischen Defekts vor dem Festspielhaus.
Zwangspause fürs Publikum bei der Eröffnung der Bayreuther Festpiele. © picture-alliance/dpa /Tobias Hase
Moderation: Vladimir Balzer · 26.07.2014
"Ein gewisser Antimodernismus gehörte immer zum guten Ton" in Bayreuth, kritisiert Bernd Buchner. Die Festspiele hätten nur selten herausragende Inszenierungen geboten − Bayreuth müsse sich bewusst werden, "was es eigentlich will".
Vladimir Balzer: Die Havarie auf der Bühne in Bayreuth stand für viele symptomatisch für die Krise in Bayreuth, nicht nur baulicher Natur. Das Festspielhaus steht vor einer Generalsanierung, die zu lange verschleppt wurde. Auch künstlerisch und kulturpolitisch wird den Wagner-Festspielen eine Krise attestiert. Gerade den Festival-Leiterinnen Katharina Wagner und Eva-Wagner Pasquier wird vorgeworfen, keine künstlerische Handschrift zu haben, nur auf Events zu schauen, aber sonst wenig wirklich Neues und interessantes zu schaffen.
Übrigens soll sich das auch schon in den Kartenverkäufen niederschlagen. Die gehen offenbar drastisch zurück. Die Zeiten der Unerreichbarkeit von Bayreuth für den Normalsterblichen sind vorbei. Die Festspiele gelten nicht mehr als das Nonplusultra in Sachen Wagner, auch für Dirigenten und Sänger nicht.
Am Telefon ist Bernd Buchner, Autor des Buches "Wagners Welttheater. Die Geschichte der Bayreuther Festspiele zwischen Kunst und Politik". Was ist der Grund für die Krise aus Ihrer Sicht?
Bernd Buchner: Die Krise von Bayreuth ist eine Krise des Mittelmaßes. Das Mittelmaß ist für Bayreuth tödlich, und sobald das Mittelmaß herrscht, ist Bayreuth auch in der Krise. Es gab bei den Festspielen schon immer die etwas ungute Tradition, sich bewusst von den künstlerischen Entwicklungen der Zeit fernzuhalten, ein gewisser Antimodernismus gehörte immer zum guten Ton. Das ist nur in ganz wenigen Phasen der Festspielgeschichte durchbrochen worden, etwa durch Wieland Wagner nach dem Zweiten Weltkrieg, der ja wirklich zur Avantgarde zählte, kann man sagen. Aber seitdem ist Bayreuth eigentlich wieder zum Mittelmaß zurückgekehrt. Es gibt ganz wenige Ausnahmen: Der Chéreau-"Ring" von '76, Heiner Müllers "Tristan", vielleicht noch Stefan Herheims "Parsifal" von 2008 ... und wenn sich Bayreuth nicht wieder dessen bewusst wird, was es eigentlich will, nämlich hier die weltweit besten Wagner-Inszenierungen zu zeigen, dann wird sich daran auch nichts ändern.
Das vollständige Gespräch mit Bernd Buchner zum Nachhören
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