Festival "Stadtsprachen"

"Auf Deutsch bin ich eine andere Autorin"

Die in Berlin lebende Autorin Sharon Otoo posiert am 05.07.2016 in Berlin. Mit der doppelbödigen Geschichte über ein Ei, das nicht hart werden will, hat die in Berlin lebende Autorin den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Foto: Paul Zinken/dpa | Verwendung weltweit
Die in Berlin lebende britisch-ghanaische Autorin Sharon Dodua Otoo © dpa
Sharon Otoo und Martin Jankowski im Gespräch mit Jörg Magenau · 28.10.2016
Berlin gilt als Literaturmetropole. Hunderte renommierter Autoren leben hier. Viele von ihnen schreiben nicht auf Deutsch oder Englisch und drohen deshalb, in der Community unterzugehen. Das Literaturfestival "Stadtsprachen" will sie in den Mittelpunkt rücken.
Sie werde zu einer anderen Autorin, wenn sie auf Deutsch schreibe, sagt die britisch-ghanaische Schriftstellerin Sharon Otoo. Seit zehn Jahren lebt sie mit ihren vier Söhnen mittlerweile in Berlin und spricht fließend Deutsch. Eine unter Hunderten exzellenter Autoren, die in der Hauptstadt leben, aber in ihrer Muttersprache schreiben.
Vor kurzem hat Otoo, die sonst in ihrer Muttersprache, Englisch, schreibt, erstmals etwas auf Deutsch geschrieben – ihren Beitrag zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, den sie in diesem Jahr gewann: "Herr Gröttrup setzt sich hin". Otoo sagt:
"Das hatte ich mit dem Ziel geschrieben, was Bestimmtes zu kommunizieren darüber, wie ich die deutsche Gesellschaft wahrnehme. Und deswegen war es mir wichtig, bestimmte Vokabeln zu benutzen auf Deutsch, die ich auf Englisch so nicht greifbar habe, zum Beispiel das mit dem Siezen und dem Duzen. Das gibt es eigentlich nicht auf Englisch und deswegen war es wichtig, diesen Text auf Deutsch zu verfassen."

Ein Festival für alle Sprachen

Die Autorin wird in diesem Jahr gemeinsam mit dem serbischen Schriftsteller Boran Cosic das erstmals stattfindende Literaturfestival "Stadtsprachen" in Berlin eröffnen. Vom 28. Oktober bis 6. November präsentieren sich dort zahlreiche Autoren ebenso zahlreicher Sprachen – die in der allgemeinen Dominanz der auf Deutsch oder Englisch schreibenden freien Autoren etwas untergehen, bedauert Martin Jankowski, einer der Initiatoren des Festivals, und sagt:
"Als wir vor drei Jahren begannen, ein Netzwerk, also ein gemeinsames Dach für uns zu organisieren, fiel uns sehr schnell auf, dass in der Literaturszene dieser Stadt fast nur deutschsprachige oder höchstens noch englischsprachige Autoren und Literatur präsentiert werden, während in unseren Reihen und auch in unseren Veranstaltungen, in unseren Clubs jede Menge fremdsprachiger hochinteressanter Autoren vorkamen, bis hin zu Nobelpreiskandidaten, die in dieser Stadt leben und die niemand in Berlin kennt."
Das soll sich ändern. Deshalb werden während des Festivals auch auf Georgisch, Aramäisch oder Mongolisch schreibende Autoren zu sehen und – mit Übersetzung – zu hören sein.

Das Literaturfestival "Stadtsprachen" findet vom 28. Oktober bis 6. November an verschiedene Orten – Bibliotheken, Kulturzentren, Cafés – in Berlin statt.


Das Interview im Wortlaut:

Jörg Magenau: Wie viele Sprachen in Berlin genau gesprochen werden, weiß wahrscheinlich niemand so ganz genau. Dass es sehr viele sind, dürfte unbestritten sein, und in all diesen Sprachen wird auch geschrieben, Literatur, die dann aber in der Stadt nur in den seltensten Fällen sichtbar und lesbar wird, wenn eben eine Übersetzung vorliegt. Meistens ist das nicht der Fall und so bleibt vieles von dem im Dunkeln, was Berlin als literarische, multilinguale Metropole ausmacht. Das zu ändern hat sich das Literaturfestival Stadtsprachen vorgenommen, das heute Abend startet. Und der Initiator Martin Jankowski ist jetzt hier im Studio, guten Morgen, Herr Jankowski!
Martin Jankowski: Ja, hallo!
Magenau: Und neben ihm begrüße ich die diesjährige Gewinnerin des Bachmann-Preises Sharon Dodua Otoo, die das Festival eröffnen wird. Guten Morgen, Frau Otoo!
Sharon Dodua Otoo: Guten Morgen!
Magenau: Herr Jankowski, sagen Sie uns doch erst einmal, wie Sie auf die Idee gekommen sind, so ein Festival auf die Beine zu stellen! Welche Erfahrungen haben Sie denn persönlich mit fremdsprachiger Literatur hier in der Stadt gemacht?
Jankowski: Wenn ich von "wir" spreche, muss ich sagen, dass die Idee des Festivals aus einer Gruppe von Literaturaktivisten kommt, die da heißt Netzwerk Freie Literaturszene Berlin. Das heißt, das sind alles Literaturveranstalter, Vereine, Autorengruppen in dieser Stadt, die anders als die Kulturinstitutionen eben frei und zum Teil auch ehrenamtlich und sehr engagiert seit vielen Jahren Literatur produzieren, also die freie Literaturszene der Stadt. Und als wir vor drei Jahren begannen, ein Netzwerk, also ein gemeinsames Dach für uns zu organisieren, fiel uns sehr schnell auf, dass in der Literaturszene dieser Stadt fast nur deutschsprachige oder höchstens noch englischsprachige Autoren und Literatur präsentiert werden, während in unseren Reihen und auch in unseren Veranstaltungen, in unseren Clubs jede Menge fremdsprachiger hochinteressanter Autoren vorkamen, bis hin zu Nobelpreiskandidaten, die in dieser Stadt leben und die niemand in Berlin kennt.
Und deswegen haben wir gesagt: Lasst uns gemeinsam eine Aktion machen, in der zum einen diese Autoren mal präsentiert werden, die eben selten in den Literaturhäusern, in den großen Festivals vorkommen, obwohl sie hier sind, eben weil sie nicht auf Deutsch schreiben, und zum Zweiten gleichzeitig auch den Reichtum der Literaturszene Berlins aufleuchten zu lassen, der oft zumindest in den Verästelungen auch selten stark wahrgenommen wird. Und ich glaube, das Festival Stadtsprachen, so wie wir es jetzt angelegt haben, ist wirklich ein fantastisches Gemeinschaftswerk dieser freien Literaturszene.
Otoo: Wenn es nun aber Autoren sind, die nicht auf Deutsch schreiben, dann haben Sie ein Problem damit, die zu präsentieren einem deutschen Publikum. Wie machen Sie das denn?
Magenau: Haben wir natürlich nicht. Zum einen ist es so, dass natürlich die meisten Autoren, die hier in Berlin leben, auch sehr gut Deutsch sprechen, nur eben nicht Deutsch schreiben, weil sie oft in ihren Muttersprachen schreiben, dort in ihren Sprachcommunitys und in ihren Herkunftsländern oft sehr bekannt sind, erfolgreich sind als Autoren. Und für das Festival werden wir selbstverständlich deutsche Übersetzungen präsentieren, das heißt, natürlich wird auch die Originalsprache erklingen, wir wollen das Publikum mehr mixen, wir wollen es so groß wie möglich halten, aber es werden immer auch deutsche Übersetzungen gelesen. Das heißt, da, wo so was nicht existiert, haben wir eigens Übersetzungen angefertigt, genau damit man diesen Reichtum mal entdecken kann.
Jankowski: Frau Otoo, Sie leben jetzt seit zehn Jahren in Berlin, sind englischer Muttersprache, aber sprechen sehr gut Deutsch. Und schreiben Sie auch original auf Deutsch oder schreiben Sie noch auf Englisch?
Otoo: Ich schreibe jetzt neuerdings auf Deutsch. Ich habe eigentlich die ganze Zeit über auch lieber in meiner ersten Sprache geschrieben, wie Herr Jankowski so beschreibt, ich kann zwar Deutsch sprechen, habe immer aber das Gefühl, ich komme nicht ganz dahinter, was die verschiedenen Ausdrücke wirklich bedeuten, wie das bei den Menschen ankommt. Deswegen habe ich lieber auf Englisch geschrieben. Den Klagenfurt-Text musste ich aber auf Deutsch verfassen.
Magenau: Sie sind ja vielleicht kein ganz typisches Beispiel jetzt für dieses Festival, weil Sie eben mit dem Bachmann-Preis doch auch ein großes Publikum hatten. Aber wie ist das für Sie, wenn Sie in Berlin leben als Autorin, wo haben Sie dann Ihr Publikum? Oder fehlt Ihnen tatsächlich eine Leserschaft in Ihrer Sprache?
Otoo: Also, bis zum Juni dieses Jahres hatte ich ein zwar kleines Publikum, aber meine Texte, die ich auf Englisch geschrieben habe, die wurden auf Englisch gelesen, aber Englisch ist auch eine sehr weit verbreitete Sprache. Ich hatte aber das Glück, dass eine sehr enge Freundin von mir, die Mirjam Nuenning, auch meine Texte auf Deutsch übersetzt hat, und so konnte ich auch Leuten meine Texte auf Deutsch präsentieren.

Empfehlungen aus der Spachcommunity

Magenau: Herr Jankowski, wie gehen Sie da vor, wenn Sie jetzt Autoren entdecken wollen? Sie können ja wahrscheinlich auch nicht 15 oder 20 Sprachen sprechen und wissen, was dann jeweils wichtig und bedeutend ist? Wie machen Sie Ihre Entdeckungen?
Jankowski: Da greift wieder die Netzwerkidee. Das Festival ist von einem Kuratorium von zehn erfahrenen Literaturveranstaltern aus der ganzen Stadt gewissermaßen programmatisch entwickelt worden. Und wie ich schon sagte, die haben diese Leute in ihren Reihen, das sind Autoren, mit denen die schon Projekte, Performances, Workshops und so weiter gemacht haben. Das heißt, ich verlasse mich hier, was das Programm angeht, sehr stark auf die Erfahrungen der Literaturveranstalter in Berlin und natürlich auch auf Empfehlungen aus den Sprachcommunitys selber. Das heißt, wir lassen uns Leute empfehlen, wir schauen uns die Texte an, wir lassen übersetzen, geben das zum Lesen. Und da ergibt sich ehrlich gesagt ein Pool an interessanten Autoren in dieser Stadt, mit dem wir auch nicht gerechnet hätten.
Ich schätze, nachdem wir das Festival jetzt über zwei Jahre entwickelt haben, dass wir in dieser Stadt so zwischen 500 und 1.000 fremdsprachige Autoren haben, die zum größten Teil eben noch entdeckt werden müssen, weil sei eben nicht auf Deutsch schreiben und zum Teil auch nicht auf Deutsch schreiben wollen. Und das heißt auch, dass wir als Berliner mal begreifen müssen, dass in Berlin eben nicht nur die deutsche und die englischsprachige Gegenwartsliteratur entsteht, sondern dass es georgische Schriftsteller, aramäische Texte und mongolische Gedichte gibt, die aus Berlin kommen, und zwar heute. Und Berlin ist ja schon lange so ein Pool von mehrsprachigen Autoren, Isherwood, Nabokov und so weiter, das ist eine lange Tradition, die uns aber leider nicht bewusst ist. Das wollen wir bewusst machen mit diesem Festival.
Magenau: Jetzt erschreckt mich allerdings dann doch die Vorstellung, ich müsste 500 oder 1.000 Autoren alleine in Berlin entdecken und womöglich auch lesen, das werde ich nicht schaffen! Die Wichtigsten vielleicht! Mich würde interessieren … Das klingt jetzt so, als ob das ein homogenes Gebilde wäre, 1.000 Autoren, die nicht wahrgenommen werden von der deutschen Öffentlichkeit! Wie ist das intern? Die ganzen Sprachen, vielleicht können Sie da auch was zu sagen, Frau Otoo, wie … Gibt es da so was wie eine Gemeinsamkeit oder eine Gemeinschaft der nicht deutschsprachigen muttersprachlichen Literaten in Berlin?
Otoo: Nicht dass ich wüsste! Ich lerne auch durch dieses Festival ganz neue Sachen natürlich kennen. Und überhaupt bin ich sehr begeistert von der Idee, dass so viele Leute tatsächlich in ihren ersten Sprachen schreiben. Ich finde Schreiben eine wunderbare Methode, um Sachen zu verarbeiten und Sachen zu kommunizieren, und ich freue mich, diese Autoren und Autorinnen kennenzulernen. Meine Sachen waren oder sind noch sehr auch politisch angehaucht und haben bestimmte Themen und Menschen angesprochen und ich freue mich, dass es, ja, weitere Perspektiven eröffnet werden mit diesem Festival.
Magenau: Ich dachte immer, Deutschland wäre ein Land, in dem sehr, sehr viel aus fremdsprachigen Literaturen übersetzt wird, eigentlich geradezu vorbildlich im Vergleich auch zu anderen europäischen Ländern, England zum Beispiel. Das scheint dann aber nicht der Fall zu sein, wenn sich jetzt da so ein großes Defizit an Übersetzungen ausmacht, Herr Jankowski?

Alles ist im Werden

Jankowski: Das hat natürlich auch damit zu tun, dass Berlin, ich möchte mal, weltweit eine besondere Stellung hat natürlich als Kulturmetropole, ja? Also, man kommt wirklich aus allen Teilen der Welt hierher, um hier als Künstler zu existieren, das geht ja nicht nur den Literaten so, das ist ja allgemein so, das hat was mit den Lebensbedingungen zu tun, es hat aber auch was mit diesen unterschiedlichen diversen kulturellen Milieus zu tun, die man hier finden kann. Hier findet jeder seine Nische in Berlin.
Es ist immer im Werden, wie wir alle wissen. Und was ich beobachtet habe, ist, dass eben diese Sprachcommunitys sehr stark unter sich bleiben. Also, es gibt keine Vernetzung, was weiß ich, zwischen der russischsprachigen und der englischsprachigen Community, bislang. Wir wollen mit dem Festival auch erreichen, dass sich die Autoren der unterschiedlichen Sprachgruppen gegenseitig kennenlernen, dass sie vielleicht feststellen, was die gemeinsamen Interessen sind, was die großen Unterschiede sind. Weil, in sich selbst sind die sehr stark vernetzt und sehr aktiv, untereinander noch gar nicht. Und das wollen wir anregen, denn das ist gewissermaßen auch unsere Aufgabe als Netzwerk der freien Literaturszene.
Magenau: Warum ist es für Sie so wichtig, Frau Otoo, dass Sie in der Stadt, in der Sie leben, auch gelesen werden und Anerkennung finden? Sie könnten ja auch sagen, ich bin englischsprachige Autorin, ich schreibe für ein englisches Publikum. Wäre doch alles gut?
Otoo: Ja, das stimmt auch, ich versuche meine Inhalte so weit wie möglich zu streuen. Und deswegen freue ich mich, wenn Menschen aus dem englischsprachigen Ausland auch meine Texte lesen. Dennoch empfinde ich meine Texte als so eine Art Perspektive auf die Stadt, in der ich lebe, in der ich jetzt meinen Alltag verbringe, in der ich meine Kinder erziehe. Und das gehört alles zu einem Bild von Berlin. Und ich möchte nicht als in dem Sinne Ausländerin dann wahrgenommen werden, sondern ich möchte selbstverständlich dazugehören und selbstverständlich auch Teil der Kulturszene sein.
Magenau: Aber dann müssen Sie ja Deutsch sprechen und das tun Sie ja sehr gut. Aber andere Autoren, die jetzt vielleicht Georgisch schreiben und sprechen und gar kein Deutsch können, für die ist es doch entsprechend schwieriger. Also, wie kann man das lösen, Herr Jankowski?
Jankowski: Das kann man nicht lösen. Es gibt natürlich dann ganz individuelle Fälle. Aber wie ich sagte, in der Regel ist es so, Autoren, die hier leben, die sprechen schon Deutsch, die können im Alltag sich verständigen. Aber Deutsch ist nicht ihre Literatursprache. Und das eben zu erkennen, dass das auch Teil unserer Gegenwart ist, dass in dieser Stadt Berliner leben, die in anderen Sprachen schreiben, das ist gewissermaßen auch die Botschaft dieses Festivals. Denn selbst kulturpolitisch ist es für jemanden, der hier lebt, der vielleicht schon lange hier lebt, aber nicht auf Deutsch schreibt, nahezu unmöglich, eine Lesung, eine offizielle Lesung in einer kulturellen Einrichtung zu bekommen, geschweige denn ein Stipendium oder andere Förderungen. Und das, finde ich, ist in Berlin im Jahr 2016 geradezu erschreckend: Man muss auf Deutsch schreiben, damit man ein Stipendium bekommt? Seltsam!

Das Besondere an Deutschland wahrnehmen

Magenau: Wenn Sie schreiben, Frau Otoo, dann schreiben Sie mal Deutsch, mal Englisch, wenn ich das richtig verstanden habe, je nach Zielgruppe. Mich würde interessieren, wie die deutsche Sprache, die deutsche Umgebung auf Sie abfärbt und Ihr Schreiben womöglich verändert!
Otoo: Ja, ich habe, wie gesagt, meistens, also, bisher immer auf Englisch geschrieben. Ich hatte einen einzigen Text auf Deutsch geschrieben, wo ich dachte, vielleicht wird das veröffentlicht, und das war dieser Text "Herr Gröttrup setzt sich hin". Und das hatte ich mit dem Ziel geschrieben, was Bestimmtes zu kommunizieren darüber, wie ich die deutsche Gesellschaft wahrnehme. Und deswegen war es mir wichtig, bestimmte Vokabeln zu benutzen auf Deutsch, die ich auf Englisch so nicht greifbar habe, zum Beispiel das mit dem Siezen und dem Duzen. Das gibt es eigentlich nicht auf Englisch und deswegen war es wichtig, diesen Text auf Deutsch zu verfassen. Und da habe ich so sehr genaue Beobachtungen mit reingenommen, wie ich Deutschland wahrnehme oder wie ich deutsche Menschen wahrnehme, und das war halt wichtig, dass ich dafür hier bin und in Austausch komme mit Menschen, die hier leben.
Magenau: Das heißt, Sie werden zu einer anderen Autorin, wenn Sie auf Deutsch schreiben?
Otoo: Auf jeden Fall, ja.
Magenau: Herr Jankowski, zum Abschluss noch die Frage: Gibt es so was dann – bei all dieser Vielfalt und unterschiedlichen Perspektiven auf Berlin und auf Deutschland –, gibt es so was wie eine Gemeinsamkeit, einen gemeinsamen Blick, den Sie da aus all diesen Literaturen herauslesen können?
Jankowski: Da, würde ich sagen, müssen wir das Festival noch mal abwarten. Ich bin selber sehr gespannt darauf. Es treffen ja da viele Autoren aufeinander, wir haben ja in der Regel Veranstaltungen, wo mehrere Autoren verschiedener Sprachen zusammen auf der Bühne sind. Wie dieser Zusammenklang wirkt und was da für Funken geschlagen werden, das können wir jetzt alle noch nicht sagen, das wissen wir nach dem Festival. Ich habe das Gefühl, dass es im Moment noch keine gemeinsame Perspektive gibt, sondern dass das Spektrum so bunt ist wie die Sprachenvielfalt, von der Sie schon sprachen, über 120, die es hier in Berlin offiziell gibt, sagt der Integrationsbeauftragte auf seiner Webseite. Also, ich kann keine Gemeinsamkeit feststellen. Also, es gibt Berlin-Hasser, es gibt Berlin-Jubler, es gibt Leute, denen ist egal, wo sie leben. Wir müssen die Texte und die einzelnen Autoren entdecken und genau dazu haben wir das Festival gemacht.
Magenau: Dann wünsche ich Ihnen dazu viel Erfolg! Das Festival Stadtsprachen wird heute um 20:00 Uhr im Haus am Pfefferberg in der Schönhauser Allee eröffnet mit der Begrüßungsansprache von Sharon Dodua Otoo, außerdem dabei der serbisch-kroatische Autor Bora Dzosic und die ungarische Dichterin Kinga Tóth. Vielen Dank Ihnen beiden, Sharon Dodua Otoo, …
Otoo: Vielen Dank!
Magenau: … und vielen Dank, Martin Jankowski!
Jankowski: Danke, tschüs!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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