Festival Krzyżowa Music

Intensivstes Kammermusikerlebnis

Großaufnahme einer Geigerin, die zwischen anderen Musikern spielt.
Die Musikerinnen konnten unbeschwert beim Krzyzowa-Music-Festival spielen. © Krzyzowa-Music-Festival / Geert Maciejewski
Moderation: Volker Michael · 27.09.2020
Es war doch möglich! Über 40 junge und erfahrene Musikerinnen und Musiker haben sich im polnischen Kreisau versammelt und zwei Wochen lang geprobt und Konzerte gegeben - hier eine Auswahl mit Musik von Grażyna Bacewicz, Amy Beach, Arno Babajanyan, Georges Enescu und Krzysztof Penderecki.
Krzyżowa Music – das Kammermusikfestival im polnischen Kreisau hat stattgefunden, quasi wie sonst auch immer, trotz der Pandemie, die weltweit das Musikleben zum Stillstand geführt hat. Wir bringen einen ersten kleinen Querschnitt durch die Konzerte des Musikfests in Niederschlesien von den letzten beiden Augustwochenenden. Viviane Hagner ist die künstlerische Leiterin von Krzyżowa Music. Sie ist Geigerin und Hochschullehrerin in Berlin und gibt in der Sendung Auskunft zu den besonderen Bedingungen des diesjährigen Festivals und zu den Werken.

Insel der Sicherheit

In Krzyżowa treffen sich seit sechs Jahren alljährlich junge und erfahrene Musikerinnen und Musiker, um über zwei Wochen in der Jugendbegegnungsstätte Kreisau ein anspruchsvolles und vielfältiges Programm zu erarbeiten. Lange Zeit war unklar, ob Krzyżowa Music dieses Jahr überhaupt stattfinden würde. Ein befreundetes Labor hat quasi als Sponsor umfangreiche Corona-Testkapazitäten zur Verfügung gestellt.
Der Gründer und Leiter des Festivals, Matthias Von Hülsen, der selbst auch pensionierte Arzt ist, hat seine Verbindungen genutzt, um das zu organisieren. Alle Wirkwirkenden, Mitarbeiterinnen und viele Besucher haben sich mehrfach testen lassen. Es sei eine Insel der Sicherheit gewesen, wie Viviane Hagner meint.
Publikum, das in einer reich geschmückten Kirche mit Abstand in den Bänken sitzt und zuhört.
Viel Abstand zwischen Künstlern und Musikern war trotzdem geboten.© Krzyzowa-Music-Festival / Geert Maciejewski
Im Vergleich zum spätromantischen Überschwang, der den Rest des Abends dominiert, hat Grażyna Bacewicz ihr Trio für die spezielle Besetzung Oboe, Violine und Cello recht kühl und knapp gehalten, mit folkloristischen Anklängen, die aber immer einer streng klassischen Verarbeitung unterzogen werden. Sie hat das Trio im Alter von 26 Jahren in Paris und Warschau geschrieben.

Die größte Komponistin Amerikas

Das Klavierquintett fis-Moll op. 67 der US-amerikanischen Komponistin Amy Beach ist eigentlich ein Standardwerk – nicht nur im Sinne besonderer Repertoirepflege, weil es eine Frau es geschrieben hat. Amy Beach lebte in einer Gesellschaft, die noch keine professionellen Komponistinnen akzeptieren konnte.
Sie war ein Wunderkind und eine große Pianistin, doch lebte sie später als brave Ehefrau eines reichen, deutlich älteren Mannes und konnte ihre Fähigkeiten erst wieder entwickeln und ausleben, als der Gatte verstorben war. 1909 wurde ihr Klavierquintett erstmals in Boston gespielt.

Bis zum Zerreißen gespanntes Trio

Arno Babajanyan ist ein armenischer Komponist aus der Zeit, als Armenien Teil der Sowjetunion war. Sein Klaviertrio fis-Moll von 1952 stand auf dem Programm von Krzyżowa Music. Äußerst breit ist das Schaffen von Babajanyan, er schrieb Schlager und Filmmusik, Klavier- und Kammermusik und großbesetzte chorsinfonische Werke.
Ausgehend von der armenischen traditionellen Musik eines Komitas hat er viele verschiedene Stilwelten durchstreift, bis hin zu Ähnlichkeiten zu Schostakowitsch oder dem Serialismus. Viviane Hagner beschreibt Babajanyans Klaviertrio als ein äußerst spannendes und anspruchsvolles Werk. David Oistrach spielte einst die Erstaufführung in Moskau.
George Enescu, rumänischer Komponist und Violinist, Lehrer von Yehudi Menuhin. Er wurde am 19. August 1881 in Liveni geboren und verstarb am 4. Mai 1955 in Paris.
George Enescu, rumänischer Komponist und Violinist, Lehrer von Yehudi Menuhin. Er wurde am 19. August 1881 in Liveni geboren und verstarb am 4. Mai 1955 in Paris.© picture-alliance / dpa
Das größte Werk unserer Auswahl hat erst einmal einen recht bekannten Namen, was seinen Schöpfer angeht: Geradezu sinfonisch dachte der rumänische Komponist Georges Enescu, als er sein erstes Klavierquartett schrieb. Das entstand über den langen Zeitraum von neun Jahren, überwiegend in Paris. Es ist ein gewaltiges und originelles Stück.

Penderecki Open Air

Zum Schluss gibt es das Klarinettenquartett aus dem Jahre 1993 von Krzysztof Penderecki. In unserer Online-Version können Sie dieses Werk in Gänze hören, on-air nur einen Ausschnitt. Die Aufnahme aus dem Open-Air-Eröffnungskonzert von Krzyżowa Music erklingt inklusive aller Umgebungsgeräusche, vor allem der Beiträge der Schwalben, die im Sommer ebenfalls Krzyżowa/Kreisau bewohnen. Ein Gewitter hat es am Abend des 21. Augusts nicht gegeben.
Kammermusikfestival Krzyżowa Music
Schloss Krzyżowa (Kreisau), Friedenskirche Swidnica, Pfarrkirche Grodziszcze
Aufzeichnungen vom 20. bis 28. August 2020
Grażyna Bacewicz
Trio für Oboe, Violine und Violoncello (1935)

Omer Idan, Oboe
Rafał Zambrzycki-Payne, Violine
Susanne Szambelan, Violoncello

Amy Beach
Klavierquintett fis-Moll op. 67 (1908)

Olivier Robin, Emely Nebel, Violine
Anna Maria Wünsch, Viola
Mikayel Hakhnazaryan, Violoncello
Yannick Rafalimanana, Klavier

Arno Babajanyan
Klaviertrio fis-Moll (1952)

Nathan Meltzer, Violine
Alexander Kovalev, Violoncello
Lilit Grigoryan, Klavier

George Enescu
Klavierquartett Nr. 1 D-Dur op. 16

Stephen Waarts, Violine
Emma Wernig, Viola
Alexej Stadler, Violoncello
Andrei Gologan, Klavier

Krzysztof Penderecki
Klarinettenquartett (1993) (komplett nur in der Online-Version unserer Sendung)

Pablo Barragán, Klarinette
Viviane Hagner, Violine
Anna Maria Wünsch, Viola
Alexej Stadler, Violoncello

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