Fertiggerichte

Warmhalten in Aluminiumschalen ist problematisch

Nudeln und Gemüse in einer Aluminiumschale auf einem Tisch.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung kritisiert nicht den Gebrauch der Aluschale selbst, sondern das Warmhalten von Gerichten in diesen Schalen im Rahmen des Cook&Chill-Verfahrens. © imago
Von Udo Pollmer · 16.06.2017
Fertiggerichte, die in Aluschalen an Kitas oder Firmen geliefert werden, enthalten laut Bundesinstitut für Risikobewertung bedenklich viel Aluminium. Udo Pollmer erklärt, was erhöhte Aluminiumwerte im Körper anrichten können.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor den beliebten Aluschalen, in denen fertig zubereitete Gerichte warm an Kitas, Altenheime und Betriebe geliefert werden. Bei regelmäßiger Nutzung, so die Behörde, wird die gesundheitlich vertretbare Alu-Zufuhr bis um das Fünffache überschritten. Dazu kommen weitere Alu-Quellen, die das Bild verdüstern.
Das Problem sei nicht so sehr der Gebrauch von Aluschalen im Haushalt, sondern die Verwendung im Rahmen des Cook&Chill-Verfahrens, das in der Gemeinschaftsverpflegung an Bedeutung gewinnt. Bei Cook&Chill werden die Speisen in einer zentralen Küche vorgekocht, in Menüschalen gefüllt und auf etwa Null Grad Celsius schockgekühlt. Damit lassen sich die Gerichte bis zu drei Tage bevorraten. Vor der Auslieferung wird wieder erhitzt und dabei lange, oft bis zu zwei Stunden heißgehalten. Während der Heißhaltezeit löst sich das meiste Alu. Der Hinweis, man solle nichts Saures oder Salziges einfüllen, geht ins Leere: Da ist fast immer irgendwas Säuerliches dabei – egal ob die bei Kindern beliebte Tomatenmatsche oder fruchtige Dessertsoßen.

Alu kommt leicht ins Gehirn

Geeignet wären beschichtete Schalen, damit kein Alu ins Essen gelangt. Die gibt es zwar, finden aber kaum Anklang. Hat uns die Industrie wieder einmal riskantes Material untergejubelt? Der Eindruck kann entstehen: Die Branche maulte jedenfalls, die Erkenntnisse des BfR seien "bekanntes Wissen". Doch wen kümmert's? Umweltverbände kritisieren zudem Verpackungen aus mehreren Materialien. Wer "umweltbewusst" kauft, bevorzugt unbeschichtete Schalen, die sind noch dazu billiger, dann kann sich die Kita auch öfter "bio" leisten.
Die Umwelt wiederum hat keinen Vorteil von dieser Entscheidung. Denn Verbundmaterialien lassen sich längst problemlos recyceln, wie Getränkekartons zeigen, die aus Pappe, Kunststoff und eben manchmal auch aus Alu bestehen. Abgesehen davon: Die kleinen Kaffeekapseln bestehen ebenfalls aus beschichtetem Alu und sind recyclebar.
Zwar heißt es, Alu würde aus der Nahrung nur zu einem minimalen Anteil aufgenommen. Aber bei Fütterungsversuchen gelangte das Leichtmetall bereits aus dem Trinkwasser stracks ins Gehirn der Labornager. Die Wechselwirkungen mit den Inhaltsstoffen von Nahrungsmitteln sind kaum überschaubar. In Laborversuchen geleiteten beispielsweise der Aromastoff Maltol oder der Geschmacksverstärker Glutamat das Alu bis ins Oberstübchen. Auch allerlei Eiweißbestandteile eignen sich als Transportvehikel. Hier hilft nur eins: Die Alufracht wo immer möglich verringern.

Erhöhter Werte in Schwarztee und Sojamilch

Alarmierend sind die neurologischen Veränderungen und die Verhaltensstörungen, die im Tierversuch auftraten – bis hin zur Demenz. Der Mensch macht wohl keine Ausnahme: Im Gehirn von Alzheimer-Patienten fanden sich deutlich erhöhte Gehalte an Alu. Die Belege für einen ursächlichen Zusammenhang mit degenerativen neurologischen Erkrankungen häufen sich, werden aber noch nicht als endgültiger Beweis gewertet.
Auch einige Lebensmittel führen eine erhöhte Alufracht mit sich. Da ist zunächst der Schwarztee zu nennen, der Teestrauch reichert das Leichtmetall aus dem Erdreich an. Und dann natürlich der Dauerbrenner Sojamilch. Um den Gehalt an problematischen Abwehrstoffen zu senken, werden diese in Aluminiumtanks aus der Flüssigkeit entfernt. Fachleute halten dies für die Ursache der unerfreulich hohen Alu-Gehalte. In den kinderärztlichen Journalen mangelt es nicht an Warnungen.
Wer jetzt ins Schwitzen gerät, darf sich freuen: Aluminium wird nicht nur über die Niere ausgeschieden, sondern auch über die Haut – und nicht einmal wenig. Aber nur solange, wie der Schweiß nicht durch Deos gestoppt wird. Wie es der Teufel will, steckt in den Deos meist Aluminium. Das wird normalerweise kaum über die Haut aufgenommen, es sei denn, man rasiert sich unter den Achseln und trägt dann ein Deo auf. Auch hiervor warnt das Berliner Bundesinstitut.
Wir leben im Zeitalter des Aluminiums. Das Leichtmetall ist in unserer heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Doch im Essen hat es nichts verloren. Mahlzeit!
Literatur
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