Fernsehprediger in den USA

Trumps fromme Helfer

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Paula White und Donald Trump.
Im Zirkel der Macht: Die populäre Fernsehpredigerin Paula White wurde von US-Präsident Donald Trump zur offiziellen Beraterin in Glaubensfragen berufen. © Getty Images / Chip Somodevilla
Von Arndt Peltner · 13.09.2020
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Präsident Trump wurde von Gott gesandt, um die USA zu retten? Amerikanische Fernsehprediger behaupten das immer wieder. Die sogenannten Televangelists verdienen Milliarden Dollar durch Spenden und suchen die Nähe zur Politik.
Dr. Gene Scott gehörte zu den legendären Televangelists in den USA. Von den 1970ern bis Ende der 1990er-Jahre gingen Nacht für Nacht seine religiösen Sendungen über den Äther. Bekannt wurde er durch seinen exzentrischen Stil. Er beschrieb Wandtafeln mit biblischen Texten, setzte sich aber auch schon mal stillschweigend und Zigarre rauchend vor die Kamera, bis seine Fernsehgemeinde 1000 weitere Dollar gespendet hatte.

Das Fernsehen ist ihre Kirche

LeAnn Flesher ist Vize-Präsidentin des American Baptist Seminary of the West, einem Priesterseminar in Berkeley. Sie sagt: "Jede Kirche, gerade wegen Covid-19, hat heute ihren Sonntagsgottesdienst online. Aber nicht jeder Gottesdienst online ist den Fernsehpredigern gleichzusetzen. Diese 'Televangelists' sind etwas eigenes, das ist ihre Kirche, ihr Amt. Viele, die meisten sogar, haben keine Gemeinde, keine Kirche an einem Ort. Sie machen nur Fernsehen."
Derzeit wird im amerikanischen Fernsehen öfter das Wunderwasser von Peter Popoff beworben. Popoff wurde 1946 in Ost-Berlin geboren und war schon in den 1980er-Jahren durch seine Wunderheilungen im Fernsehen berühmt-berüchtigt.
Peter Popoff kommt immer wieder, meint Pete Evans von der christlichen Organisation Trinity Foundation mit Sitz in Dallas, Texas, die das Treiben der Televangelists seit vielen Jahren sehr genau beobachtet. Die Ergebnisse ihrer Ermittlungen geben sie an den US-Kongress genauso weiter wie an die Medien.
Doch selbst wenn es mehr als offensichtlich ist, dass diese Fernsehpriester nur die Gutgläubigkeit von notleidenden, kranken und nach einem Sinn suchenden Menschen ausnutzen, konnte ihren Aktivitäten bislang kein Riegel vorgeschoben werden. Viele von ihnen fliegen weiter in von Gläubigen finanzierten Jets durch die Weltgeschichte.

Es ist ein Milliardengeschäft

Genaue Zahlen gibt es nicht, doch Pete Evans von der Trinity Foundation schätzt, dass die Fernsehprediger zwischen sechs und neun Milliarden Dollar im Jahr umsetzen. Es sei wie Darwinismus unter den Predigern, der größte Gauner setze sich am Ende durch.
"Grundsätzlich müssen alle Televangelists für ihre Sendezeit auf christlichen Sendern bezahlen. In der Prime Time liegt das bei ungefähr 10.000 Dollar pro halbe Stunde, 20.000 Dollar also jede Stunde für das Network, und das Woche für Woche. Die Fernsehprediger, die überleben und erfolgreich sind, sind die, die das meiste Geld aus den Leuten herausbekommen, denn damit wird auch die Sendezeit bezahlt, neben den Jets und den Bentleys, den Aston Martins, den Luxuswagen und so weiter."
Und LeAnn Flesher ergänzt: "Sie sind nicht dazu da, Seelen zu retten, sie verstehen das 'Seelenretten' vielmehr ganz anders. Einige eben so: 'Betet das Gebet, schickt mir Geld.'"

Bedenkliche Nähe zur Politik

Doch es geht nicht nur um Geld, es geht auch um Macht. An dieser Stelle sieht Pete Evans einen gefährlichen Schulterschluss:
"Es ist eine unheilige Allianz zwischen der christlichen Rechten und der Rechtsaußenpolitik, genauer gesagt, der republikanischen Partei. Viele dieser Televangelists unterstützen die Theorie oder besser These, dass Präsident Trump der König Kyros der Große unserer Zeit sei – Kyros war der König, der mithalf, Jerusalem wieder aufzubauen – also, dass Trump von Gott gesandt wurde, um die ungeborenen Kinder zu schützen vor einer gottlosen Masse, die Amerika nur ausplündern will."
Eine, die sich ganz deutlich zu Donald Trump bekennt, ist Paula White, die von Präsident Donald Trump zur offiziellen Beraterin in Glaubensfragen berufen wurde. Schon vor dessen Präsidentschaft hatte sie sich mit Geldern ihrer Gläubigen ein Luxusapartment im Trump Tower in New York gekauft.

Göttlicher Beistand gegen Corona

In den Auftritten der Televangelists, der Fernsehprediger, geht es um Wunder, um eine Stütze im Alltag, um die Auslegung von Gottes Wort, dem Allmächtigen, dem sich viele US-Amerikaner gerade in der aktuellen Krise zuwenden. Im Fall des 83-jährigen Kenneth Copeland, der ein geschätztes Vermögen von rund einer halben Milliarde Dollar erpredigt haben soll, nimmt diese Art der Krisenbewältigung die vielleicht bemerkenswerteste Form an.
"Kenneth Copeland stand im April vor der Kamera, neben ihm Marcus und Joni Lamb vom Daystar Television Network", erzählt Pete Evans. "Er spricht studenlang zu den Zuschauern, er sagt, wir beten zu Gott, und er meint, Gott werde das Virus verschwinden lassen, ganz schnell. Gott werde eine Hitzewelle schicken, die das Virus verbrennen lassen wird und einfach fortbläst."
Die Televangelists sind ein fester Bestandteil der amerikanischen Fernsehlandschaft, "Big Business", unterhaltsam, aber eben auch unkontrolliert und für manchen Zuschauer gefährlich.
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