Fernsehen

(K)eine Geburtstagsshow für Hape

Entertainer Hape Kerkeling moderiert den ZDF-Jahresrückblick "Menschen 2011"
Wird bald 50: Entertainer Hape Kerkeling © picture alliance / dpa / Marc Müller
Von Michael Meyer · 29.11.2014
Am 9. Dezember wird der Komiker Hape Kerkeling 50 Jahre alt. Das ZDF widmet ihm eine einstündige Gala-Doku: "Keine Geburtstagsshow!" ist sehenswert, weil der Film dem TV-Entertainer sehr nah kommt - beruflich und privat.
"Ich weiß von nichts, ich bin gar nicht da. Ich bin sogar weg!"
Hape Kerkeling ist wieder da – wenn auch nur für dieses eine einstündige Geburtstagsspecial, das ein wenig auseinanderfällt: Der eine Teil besteht aus einer fiktiven Geburtstagsshow im Berliner Friedrichstadtpalast, für die er in alle möglichen Rollen schlüpft: Er spielt eine überkandidelte, schlecht angezogene Boulevardreporterin, ebenso wie einen prolligen Berliner Getränkehändler, oder einen Fernsehregisseur, der in österreichischem Akzent zu Disziplin und Hingabe ermahnt:
"So Kinder bitte, das muss jetzt ei moi mal sitzen, i brauch a bissle mehr a Dynamik, da müssen Funken sprühen, die Funken des Humors, der Musikalität, das will ich ma sehen..."
Der andere, interessantere Teil des Films von Gero von Boehm, sind dokumentarische Aufnahmen, die Hapes Leben zeigen – wie er wurde, was er heute ist. Los geht die Reise in die Vergangenheit in Herten-Scherlebeck, einem Vorort von Recklinghausen:
"Ja und hier war der Laden meiner Oma Aenne, hier war die Heißmangel, ja und dann bimmelte immer das Glöckchen, im Kindergarten war ich nicht, ich war vom ersten bis zum sechsten Lebensjahr jedes Jahr in diesem Laden, dann kam Frau Kolossa rein oder Herr Bonnewasch oder Frau Konnewasch und dann wurde abgelästert, oh die Frau Kolossa, jetzt ist der schon wieder ein Kerl weggelaufen, sie versteht dat einfach nicht, die Männer wollen einfach nix von ihr wissen und sie fällt immer wieder auf dieselben Kerle rein..."
Teil der deutschen Humorkultur
Der Film ist auch deswegen so sehenswert, weil er Kerkeling so nah wie nur irgend möglich kommt. Kerkeling hatte von Kindesbeinen an eine große Freude an Verkleidung, Imitation anderer Menschen, mitsamt ihren Gesten und Akzenten – was dazu führte, dass er schon im Teenager-Alter selbstgedrehte Videos an alle möglichen Sender verschickte. Sogar ans DDR-Fernsehen – „da kam aber nie eine Antwort", erinnert sich Kerkeling. Im ARD-Talentschuppen 1983 hatte er dann seinen ersten Auftritt – im zarten Alter von achtzehn Jahren.
Was danach folgte, ist fast schon Fernsehgeschichte. Kerkeling probierte sich auf der Bühne aus, erlangte mehr Sicherheit, Gefühl für's Timing, seine Auftritte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, bei Radio Bremen, aber auch bei den Privaten gehören mittlerweile zum Kanon der deutschen Humorkultur. 1991 fuhr er frech-dreist als Königin Beatrix vor das Schloss Bellevue, wenig später veräppelte er die erschrocken dreinblickende Jury eines Musikpreises mit dem frei erfundenen Lied „Hurz":
"Der Wolf.......das Lamm......auf der grünen Wiese....... Hurz!"
Das ist auch über 20 Jahre danach noch immer zum Brüllen komisch. Hape Kerkelings Humor, auch das kommt im Film heraus, geht in eine andere Richtung als der von anderen großen Komikern wie etwa Loriot. Vicco von Bülow wollte stets den Normalbürger, der um Haltung bemüht ist, entlarven, in seinem vergeblichen Kampf um Respekt und Anerkennung. Das ist bei Kerkeling anders: Ihm geht es in aller erster Linie um die Verkleidung, die Imitation. All das kulminiert in seiner Figur Horst Schlämmer, dem stellvertretenden Chefredakteur des Grevenbroicher Tageblatts, seiner wohl erfolgreichsten Schöpfung:
"N Abend Günni, machste mir mal zwei? Zweimal Herrenjedeck? Ja, zweimal Herrenjedeck, weißte, ich hatte heute einen solchen Scheißtach, dat kannste dir jar nicht vorstellen..."
Leerlaufen auf dem Jakobsweg
Bei all dem darf man nicht vergessen, auch das zeigt der Film, das Kerkeling privat durchaus ein Mensch mit Tiefgang ist. Wie bei allen großen Komiker ist auch bei ihm die Quelle intelligenten Humors eine gewisse Melancholie und Traurigkeit. Der frühzeitige Verlust Angehöriger, die Trennung von seinem Lebenspartner nach 28 Jahren – all das hinterließ Spuren. 2001 hatte Kerkeling eine Art Burn-Out – und entschloss sich, keinen klassischen Urlaub zu machen, sondern den Jakobsweg zu beschreiten – für den Film begibt er sich nochmal nach Nordspanien:
"Dieser Weg hat ja die Besonderheit, dass man sich leerläuft. Zunächst mal sind es auch positive Emotionen und Gefühle, die man loswird, dann geht es so langsam ans Eingemachte, bis man in die eigene Nacht, in den eigenen Abgrund schaut, und irgendwann ist man tatsächlich leergelaufen, und nun ist da die Möglichkeit, dass diese Leere mit etwas Neuem aufgefüllt wird, was ich bis dahin nicht kannte."
Kerkeling äußert sich im Film auch zu kreativen Pausen: In einem Interview hatte er vor kurzem angekündigt, dass die Zeit der großen Shows vorbei sei – und auch die Figur Horst Schlämmer sei endgültig tot. Schade auch. Zumindest in diesem Punkt wird Kerkeling wohl dem anderen großen deutschen Komiker Loriot folgen: Der machte auch immer weniger, je älter er wurde, doch was er machte, war auf den Punkt und stets großartig. Wir sind gespannt auf das, was noch kommt.
"Keine Geburtstagsshow!" läuft am Samstag, 29. November um 20:15 Uhr bei ZDFNeo und am Sonntag, 30. November um 22 Uhr im ZDF.
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