Feministische Musikgeschichte

Was Edith Piaf und die Spice Girls verbindet

07:51 Minuten
Aretha Franklin sitzt am Klavier und singt bei einem Festivalauftritt 1970.
Eine der ersten porträtierten Künstlerinnen im Buch: Aretha Franklin, hier bei einem Festivalauftritt im Jahr 1970. © imago images / Le Pictorium
Juliane Streich im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 05.12.2019
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In ihrem Buch "These Girls" präsentiert Juliane Streich prägende Musikerinnen von den 1940er Jahren bis heute. Im Interview spricht sie über strukturelle Probleme der Musikindustrie und warum das Buch auch für Männer spannend ist.
Warum das Werk jetzt erscheine, könne sie nicht beantworten, sagt Juliane Streich, Herausgeberin von "These Girls – Ein Streifzug durch die feministische Musikgeschichte ". Den Bedarf hätte es schon länger gegeben. Dabei geht es im Buch nicht um die Darstellung feministischer Theorie, sondern die Vorstellung von Künstlerinnen,die jede auf ihre eigene Art ein selbstbestimmtes Leben jenseits von Geschlechterklischees führen.
In insgesamt 140 Kurzbiografien werden die verschiedensten Künstlerinnen porträtiert. Doch für Juliane Streiche hätte das Buch sogar noch länger werden können: "Eigentlich sollten es 100 werden, da wurden es schon direkt mal mehr. Mir würden aber auch noch 100 Musikerinnen einfallen, die nicht dabei sind."
Verschiedene Autorinnen und Autoren schreiben in "These Girls" über die Musikerinnen, die sie geprägt und inspiriert haben. Das Repertoire zieht sich von den 1940er-Jahren bis in die Gegenwart. Von Aretha Franklin bis hin zu den Spice Girls, von Edith Piaf zu Lauryn Hill oder Taylor Swift. Auch deutschsprachige Musikerinnen wie Sängerin Marianne Rosenberg, aber auch die HipHop-Gruppe Tic Tac Toe werden im Buch thematisiert.

Kein Lexikon, sondern persönliche Geschichten

Neben großen, bekannten Künstlerinnen finden sich auch viele kleinere, unbekanntere. Ein Ziel: "Die Menschen sollen mitkriegen, welche Musikerinnen es gibt, und was in dem Bereich auch schon vor 30 oder 50 Jahren möglich war." Juliane Streich ist sich sicher: Das kann für Männer genau so spannend sein wie für Frauen.
In dem Buch sind daher auch viele persönliche Geschichten der jeweiligen Autorinnen und Autoren, die diese mit den Künstlerinnen verbinden. "Es ist kein Lexikon", betont Juliane Streich.
Der Untertitel des Buches, "Ein Streifzug durch die feministische Musikgeschichte", ist dabei je nach Künstlerin ganz unterschiedlich zu sehen: "Es gibt auch Geschichten von Frauen, die vielleicht gar nicht auf dem Schirm hatten, dass es eine feministische Rolle spielt, was sie tun, die einfach Musik gemacht haben". Es gebe viele Varianten, um sich selbst zu ermächtigen. Und diese würden sich trotz der langen Zeitspanne aus den verschiedenen Jahrzehnten nicht groß unterscheiden.

Mehr Auszeichnungen, aber weniger Auftritte

Bei den diesjährigen Grammy-Awards waren 82 % mehr Musikerinnen ausgezeichnet worden als noch im Vorjahr. Doch auf Festivals sind Musikerinnen häufig nach wie vor unterrepräsentiert. Die Anerkennung von Musikerinnen nimmt also zu, führt aber in letzter Konsequenz oft nicht zur selben Aufmerksamkeit, die ihre männlichen Kollegen erfahren.
Für Juliane Streich ist die Ursache ein Strukturproblem: "Ich glaube, ein großes Problem ist, dass immer noch sehr viele Männer die Positionen besetzen, wo entschieden wird, wer wo spielt. Welche Bands für Festivals gebucht werden, welche DJs für Clubnächte gebucht werden. Und das man da natürlich oft seine Kumpels fragt und gar nicht auf die Idee kommt, vielleicht mal Frauen zu fragen, obwohl die genau so gut wären."
(npt)
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