Female Athlete Triad

Wenn Sport krank macht

04:26 Minuten
Eine Frau steht im Park und dehnt ihre Arme über den Kopf zum Rücken.
"Keep going" - mach weiter: Gut gemeint, aber nicht immer der beste Ratgeber für Sportlerinnen. © Pexels/Ketut Subiyanto
Von Lea Löffler · 28.03.2021
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Sport ist gesund – aber zu viel davon kann auch krank machen. So besteht zum Beispiel für viele Athletinnen aus dem Leistungs- und Breitensport das Risiko des „Female Athlete Triad“. Alarmierend wenigen ist die Krankheit bekannt.
Johanna ist 1,71 Meter groß, hat blond-braune Haare und arbeitet für eine PR-Agentur. Eine ganz normale 25-Jährige, hätte sie nicht seit zwei Jahren keine Periode mehr, einen Körperfettanteil von nur elf Prozent und einen ungesunden, sportlichen Ehrgeiz.
Johanna leidet unter Female Athlete Triad, einer Krankheit bei der drei Probleme ungünstig verkettet sind: Untergewichtigkeit, eine ausbleibende Periode und eine verminderte Knochendichte.
Doktor Jan Pestka von der Uniklinik in Freiburg erklärt, wie diese drei Faktoren zusammenhängen:
"Man geht davon aus, dass letztendlich das Untergewicht bei Sportlerinnen den Östrogen-Haushalt negativ beeinflusst. Und da dieser Östrogen-Haushalt und ein gesunder BMI für die Knochengesundheit entscheidend sind, führt das dann letztendlich zu der verminderten Knochendichte und begünstigt Osteoporose."

Nach Aussetzen der Pille blieb die Periode aus

Sport gehört schon immer zu Johannas Alltag. Früher hat sie geturnt, dann das Krafttraining und Ausdauerläufe mit bis zu 30 Kilometern für sich entdeckt. Trainiert hat sie eigentlich jeden Tag. Dass ihr Körper ein Problem hat, wurde ihr erst mit dem Absetzen der Anti-Baby-Pille bewusst, denn ihre Periode blieb seitdem aus.
Die Frauenärztin brachte Licht ins Dunkle, erzählt Johanna:
"Sie hat angefangen, mich ein bisschen auszufragen. Was da denn noch so mit hereinspielen könnte: Ob ich sehr viel Sport mache. Ob ich viel Stress habe. Ja, das hat bei mir auch alles zugetroffen. Dann bin ich erst darauf aufmerksam geworden und habe mich über Instagram informiert und viele Podcasts gehört."

"Ich dachte, ich bin Superwoman"

Über einen Post auf Instagram bin ich auf Johanna aufmerksam geworden. Sie hatte einen Infopost zum Female Athlete Triad kommentiert und sich als Betroffene bekannt. Der Post stammte von Ernährungsberaterin Miriam Krug.
Miriam, die gerne Miri genannt werden möchte, leidet selbst auch unter dem Syndrom. Als ehemalige Crossfitterin hat sie zu wenig auf ihren Körper gehört, erzählt sie:
"Bei mir war es so, dass ich zu lange zu viel trainiert habe. Das bedeutet bei mir, so achtmal die Woche über einen Zeitraum von ein, eineinhalb bis zwei Jahre. Ich habe zu wenig geschlafen. Und ich dachte, ich bin Superwoman und kann das auf jeden Fall lange durchhalten."

Jede zusätzliche Kalorie war ein Kampf

Durch eine Art Burn-out bemerkte sie, dass sie ihren Körper überfordert hat. Zu dem Zeitpunkt war die Monatsblutung bereits ein halbes Jahr lang ausgefallen. Es folgten schlimme Rückenschmerzen. Ein normales Gewicht zu erreichen und nicht mehr jede Kalorie zu zählen war ein Kampf für Miri.
Sie hat "so ein paar Kilos draufgepackt und es hat wirklich acht bis zehn Monate gedauert, mir jeden Tag einzureden, dass es vollkommen okay ist, weil ich vielleicht erst mal mein Essverhalten in den Griff kriegen sollte."

Oft ist eine Essstörung die Ursache

Um wieder gesund zu werden, müssen die Athletinnen ein normales Gewicht erreichen. Gar nicht so einfach, wenn häufig eine Essstörung die Ursache für das Untergewicht ist.
Jan Pestka erzählt, welche langfristigen Folgen die Krankheit noch haben kann:
"Wenn man schon als Jugendlicher und als junger Erwachsener nicht die beste Knochendichte aufgebaut hat, kann das für das weitere Leben schwerwiegende Folgen haben. Mit den typischen osteoporotischen Frakturen, die dann Wirbelkörper-Frakturen sind, hüftgelenksnahe Frakturen und so weiter."

Die Krankheit wird selten diagnostiziert

Ein weiteres Problem: Die meisten Fälle werden nicht entdeckt.
Auch Vera (*) könnte betroffen sein. Die 1500-Meter-Läuferin wurde schon zwei Mal deutsche Vizemeisterin. Einen Ermüdungsbruch und Probleme mit der Menstruation hatte sie auch schon.
"Ich glaube, dass die Ermüdungsbrüche so ein multifaktorielles Geschehen sind. Aber meistens kam hinzu, dass ich dann ja auch mal sechs bis sieben Wochen darauf gewartet habe, dass ich meine Tage bekomme."
Eine Diagnose hat die junge Läuferin nie erhalten, auch Johanna und Miri nicht.

Mehr Prävention und Aufklärung

Ein generelles Problem, was an dem mangelnden Wissen über die Krankheit, auch unter Medizinern, liegen könnte. "Vor allem müsste da Prävention und Aufklärung einsetzen. Es müsste auch in Trainerkreisen, in Betreuerkreisen bekannter sein," findet Jan Pestka.
Aufklären möchte auch Miri als Ernährungsberaterin. Die Sportlerinnen und Sportler, die sie betreut, möchte sie vor einer ungesundem Training-Life-Balance bewahren.
Bei Johanna hat sie ein Umdenken angestoßen, denn die versucht inzwischen, ihren Körper zu stärken und auch ihre Periode zurückzubekommen, um eine ganz normale 25-Jährige zu sein.
(*) Redaktioneller Hinweis: Wir haben den Namen anonymisiert.
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