Felix Kummers Solodebüt "Kiox"

Rotzige, bleierne Traurigkeit aus Chemnitz

06:12 Minuten
Felix Kummer steht in einer grünen Jacke mit den Händen in den Taschen vor einem grünlich-grauen Plattenbau mit Balkonen.
Ganz eigene graue Plattenbau-Poesie: Felix Kummers erste Soloplatte "Kiox". © Philipp Gladsome
Von Björn Springorum · 11.10.2019
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Bekannt ist Felix Kummer als Frontmann der Rockband Kraftklub. Als Rapper legt er nun sein erstes Soloalbum "Kiox" vor. Darauf erzählt er von Schlägen der Rechten früher - und warum er noch immer in Chemnitz lebt.
Er liebt das Spiel mit Symbolen mit der eigenen Biografie. Das hat sich bei seiner Band Kraftklub bisher in schnoddrigen und auch ein wenig zotigen Texten manifestiert. Jetzt veröffentlicht Felix Kummer sein erstes Soloalbum. Als Rapper. Benannt ist es mit "Kiox", dem Namen, den sein Vater einst seinem Plattenladen in Chemnitz gab. Auf der Platte zeigt sich Kummer von einer anderen Seite: Im Song "9010", erinnernd an die alte Postleitzahl von Chemnitz, erzählt er, wie es früher von den Rechten Schläge gab. Und warum er immer noch hier ist, in der Stadt der Negativschlagzeilen.
"Seit dem Abitur ist die Überlegung, doch wegzugehen, immer dagewesen. Ich wohne aber nicht in Chemnitz, um ein Statement zu setzen, sondern, weil ich es hier schön finde. Weil ich mich hier wohlfühle. Gleichzeitig kann ich jeden verstehen, der auf die Stadt einhaut."
Einfach abzuhauen ist für ihn aber keine Lösung. "Grundsätzlich bin ich schon der Meinung, dass, wenn jeder geht, wenn jeder wegen der AfD abhaut, dann ist das gemein den Leuten gegenüber, die nicht abhauen können."

Autobiografie und Ist-Zustand

Felix Kummer besingt zerfallene Träume und vermurkste Lebenswege ohne Ironie und Spott. Seine Position ist klar. Aber wie genau man gegen Rechts vorgehen soll, das will Kummer niemandem vorschreiben.
"Ich halte nichts davon, das pauschal zu sagen: Man sollte nicht mit Rechten reden. Das finde ich ungeil. Ich für meinen Teil kann nur sagen: Ich hab' keine guten Erfahrungen gemacht, mit Rechten zu reden. Das ist nie besonders gut ausgegangen und hat nie Spaß gemacht. Es gibt ja aber auch Unterschiede: Natürlich ist es etwas anderes, mit einem Hool zu reden oder einem rechten Vordenker, dem es in einer Debatte nur ums Gewinnen geht, als mit einem Familienmitglied oder einem alten Freund, wenn sich das Thema plötzlich auf die Flüchtlingskrise lenkt und man sich nur denkt: Oh nein, oh nein!"
"Kiox" ist Autobiografie und Ist-Zustand. Das Ergebnis einer jahrelangen Anhäufung von Texten, Fragmenten und Gedanken. Kummers Sprache ist schnörkellos, entwickelt in der Monotonie der ausgespuckten Silben eine ganz eigene graue Plattenbau-Poesie. Keine Nostalgie, schon gar keine Ostalgie ist, was in den Stücken dieses Musikers steckt, der im Jahr des Mauerfalls auf die Welt kam. Es musste jetzt einfach alles mal raus. Und war natürlich nur sehr schwer mit einer Band wie Kraftklub zu realisieren.

Musikalisch neue Akzente

"Das hier sind sehr intime, persönliche Sachen über mein Seelenleben. Da wäre ich mir komisch vorgekommen, in den Proberaum zu kommen und den anderen zu sagen: Hey, Leute, lasst uns mal zehn Songs schreiben, aber die handeln nur von mir und meinem Seelenleben."
Felix Kummer hat schon gerappt, bevor es mit Kraftklub losging, und Hip-Hop ist ein Musikstil, bei dem es seit jeher um Identität und Herkunft geht. Schon deshalb passt es, dass Kummer auf seinem Solodebüt rappt. Dass er eine trotzige, bleierne Traurigkeit in den Deutschrap bringt, die viel über unsere Gesellschaft erzählt, aber auch musikalisch neue Akzente setzt. Kummer selbst hat allerdings deutlich profanere Gründe dafür, dass er jetzt rappt:
"Ich kann halt nicht singen! Das ist der einzige Grund, weshalb ich mich für Rap entschieden habe. Das war kein 'Ich finde mich in der Hip-Hop-Kultur am meisten wieder' oder so. Das war nicht der Grund dafür."
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