FDP-Parteitag

Ja mit Aber zur doppelten Staatsbürgerschaft

FDP-Parteitag am 28. April 2017 in Berlin: Parteichef Christian Lindner hält eine Rede.
Parteichef Christian Lindner wurde mit 91 Prozent der Stimmen wiedergewählt. © AFP / Tobias Schwarz
Von Ann-Kathrin Büüsker · 30.04.2017
Diskussionen um den Doppelpass haben das Potenzial für hitzige innerparteiliche Kontroversen. So auch auf dem Berliner Parteitag der FDP. Unsere Autorin war dabei und fasst die Beratungen über das Wahlprogramm der Liberalen zusammen.
Zu Beginn des Parteitags hatte der Vorsitzende Christian Lindner noch versucht, die Debatte um die doppelte Staatsangehörigkeit in ihre Schranken zu weisen – die er in klarem Zusammenhang mit dem Ergebnis des Referendums in der Türkei sieht.
"Nur weil einem das Ergebnis der Wahl nicht gepasst hat, kann man jetzt nicht plötzlich in Deutschland aus der Hüfte heraus integrationspolitische Debatten führen über die Staatsangehörigkeit."
Dennoch kam es zu genau dieser Debatte. Konservative Delegierte, wie das Vorstandsmitglied Hans-Joachim Otto wollen die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft grundsätzlich abschaffen:
"Ich wehre mich nicht dagegen, dass Deutschtürken, die hier in Deutschland leben wollen, die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Was ich aber absurd finde, dass nach der Enkelgeneration Deutschtürken die türkische Staatsangehörigkeit nach oben aufgezwungen bekommen. Wir kriegen also, bildlich gesprochen, jeden Tag 100 neue Erdogan-Wähler oder AKP-Wähler. Das kann nicht im Sinne er Integration sein."

Buh-Rufe - und dann ein Kompromiss

Otto erntete für dieses Statement Buh-Rufe und viel Widerspruch in der Debatte. Letztlich wurde der Kompromissvorschlag des Bundesvorstandes beschlossen. Demnach versteht die FDP Deutschland als Einwanderungsland, stellt aber Bedingungen, an Einwanderer, die Vorstandsmitglied Johannes Vogel erläuterte.
"Er spricht die Sprache, er sorgt für seinen Lebensunterhalt, er leistet einen Eid aufs Grundgesetz, dann kann er Mitbürger in Deutschland werden und wir wollen, dass das auch schneller möglich ist."
Doppelte Staatsbürgerschaft soll also möglich sein – für hier geborene wie für Eingewanderte. Diese Möglichkeit soll aber maximal bis zur Enkelgeneration reichen, dann soll eine Entscheidung über eine Staatsbürgerschaft getroffen werden.
Im Bereich Internationale Sicherheit macht sich die FDP dafür stark, künftig drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu investieren– bezieht hier aber explizit auch Entwicklungshilfen mit ein, meint also nicht rein militärische Ausgaben.

Gesprächsfaden mit der Türkei nicht komplett abreißen

Der EU-Beitrittsprozess mit der Türkei soll nach dem Willen der Liberalen beendet werden – um ein klares Zeichen zu setzen, wie Alexander Graf Lambsdorff erläuterte.
"Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir einen im Grunde unehrlichen Prozess – die Türkei tut so, als wolle sie beitreten und die EU tut so, als wollten wir die Türkei aufnehmen – dass wir den ersetzen durch einen Prozess der gekennzeichnet ist durch eine pragmatische Zusammenarbeit."
Hierbei gehe es nicht darum, den Gesprächsfaden abreißen zu lassen und eine spätere Wiederaufnahme der Gespräche sei – nach positiver Entwicklung der Türkei – auch nicht ausgeschlossen, so Lambsdorff.

Lindner will Eindruck der One-Man-Show vermeiden

Parteichef Christian Lindner hielt sich bei der inhaltlichen Debatte zurück. Nach seiner Grundsatzrede vom Freitag, nach der er mit 91 Prozent in das Amt des Parteivorsitzenden wieder gewählt worden war, überließ Lindner das Feld vorwiegend anderen – wie seiner Generalsekretärin Nicola Beer. Wohl auch, um dem Vorwurf der Ein-Mann-Partei entgegen zu treten, dem sich Lindner immer wieder ausgesetzt sieht.
"Das was uns gemeinsam antreibt, das ist der Mensch. Das ist seine Kraft. Sein Potenzial, sein Ideenreichtum."
Inhaltlich setzt die FDP vor allem auf Bildung, Chancen, Stärkung und Verantwortung des Einzelnen. Auf dem Parteitag wurde immer wieder intensiv über den Freiheitsbegriff diskutiert, etwa bei der Debatte über eine Impfpflicht für Kinder bis 14 Jahre – die trotz vieler Bedenken ins Wahlprogramm aufgenommen wurde.
Steuern sollen nicht das Schwerpunktthema der Partei sein, dennoch setzen sich die Liberalen für Entlastungen ein. Mit Blick auf die Bundestagswahl setzen sie auf parteiinternen Zusammenhalt und die bewusste Abgrenzung zu anderen Parteien. Koalitionsaussagen im Vorfeld lehnt die FDP ab.
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