Faurés Oper "Pénélope" in Frankfurt

Schockgefroren im Warten

07:30 Minuten
Paula Murrihy als Pénélope im weißen Kleid mit Ensemble auf der Bühne
Warten auf Odysseus ist fatal: Wenn er endlich kommt, erkennt man ihn nicht. Wie etwa Paula Murrihy als Pénélope. © Oper Frankfurt/Barbara Aumüller
Von Natascha Pflaumbaum · 01.12.2019
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Die selten aufgeführte Oper "Pénélope" von Gabriel Fauré ist das Porträt einer vielschichtigen Frauenfigur, der Frau des Odysseus. In Frankfurt überzeugte das Werk musikalisch wie gesanglich und zeigt, wie aktuell diese Frauengeschichte ist.
20 Jahre hat Pénélope auf ihren Mann Odysseus gewartet. Odysseus kämpfte erst zehn Jahre im Krieg gegen die Trojaner, dann irrte er weitere zehn Jahre umher. Pénélope bleibt nichts anderes übrig, als sich mit Erinnerungen an ihn zu begnügen. Sie als Braut, Brautkleid, Rosen, Brautkleid. Sie wartet und fantasiert sich eine Liebe zu ihm zurecht. Als Odysseus endlich zurückkehrt, stehen beide geradezu unbeteiligt nebeneinander. Happy End sieht anders aus.
In der neuen Inszenierung von Faurés "Pénélope" an der Oper Frankfurt macht Regisseurin Corinna Tetzel das Warten zu Pénélopes Lebensaufgabe. Pénélope ist seit 20 Jahren geradezu schockgefroren im Wartezustand. Einsam, weltabgewandt, traurig webt sie ein Leichenhemd, das sie nachts wieder aufribbelt, weil es um keinen Preis fertig werden darf. Paula Murrihy singt dennoch keine verzweifelte Pénélope. Sie gibt der Wartenden eine große, starke Stimme – mit Kraft und Dramatik immer dann, wenn sie für ihre alte Liebe einsteht, lyrisch in den Passagen, in denen Pénélopes Einsamkeit und Zurückgezogenheit aus der Welt sich Bahn bricht.

Pénélope erkennt Odysseus nicht

Es gibt in dieser Liebesgeschichte eine seltsame Krux, die die Geschichte für uns heute wieder interessant macht. Als Odysseus zu Pénélope zurückkehrt, sollte einem Happy-End der beiden eigentlich nichts im Weg stehen. Doch: Pénélope erkennt Odysseus nicht. Wie kann das sein? Wie kann eine Frau, die 20 Jahre auf ihren Mann wartet, im entscheidenden Moment nicht einmal spüren, dass er da ist? Regisseurin Corinna Tetzel entspinnt daran die große Frage, was Liebe wirklich ausmacht. Ihre Inszenierung hält eine Antwort parat. Sie zeigt sehr subtil, was Verbundenheit in Liebe tatsächlich bedeutet. Warten allein reicht jedenfalls nicht.
Die Frankfurter Neuinszenierung von Gabriel Faurés Oper "Pénélope" birgt viel Nachdenkstoff über Paarbeziehungen, modernes Frau-Sein, über Identität - alles im Gewand eines Mythos. Der wird in Frankfurt zeitlos und raumlos auf eine nahezu abstrakte Bühne (Rifail Ajdarpasic) gebracht, die zwischen Traum, Wunsch und Realität kaum unterscheidet. Dirigentin Joana Mallwitz baut dazu eine Musik, die intime, dramatische, lyrische Momente kunstvoll miteinander verwebt. Eine Musik ohne gravitätische Erdung ist das – eine schwebende Musik, die der seltsamen Liebesgeschichte ihren ganz eigenen Ton gibt.

"Pénélope" von Gabriel Fauré an der Oper Frankfurt
Nächste Aufführungen: 6., 11. und 15. Dezember und im Januar 2020

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