Farhad Dilmaghani zur Sonneborn-Affäre

"Das war eine Superreaktion von Nico Semsrott"

07:23 Minuten
Martin Sonneborn im grauen Anzug und Nico Semsrott im dunklen Kapuzenpullover stehen während des Europa-Wahlkampfs 2019 vor dem Gebäude der Berliner Volksbühne.
Gehen künftig getrennte Wege: "Partei"-Chef Martin Sonneborn und Nico Semsrott, künftig parteiloser EU-Abgeordneter © imago / Rainer Zensen
Moderation: Korbinian Frenzel · 14.01.2021
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Farhad Dilmaghani vom Verein "DeutschPlus" begrüßt Nico Semsrotts Parteiaustritt wegen eines als rassistisch empfundenden Tweets von "Partei"-Chef Martin Sonneborn. Ihn erinnere Sonneborn an Dieter Nuhr, der auch immer meine, solche Witze reißen zu können.
Der Europaabgeordnete Nico Semsrott hat seinen Austritt aus der "Partei" erklärt. Der Grund: ein Tweet des "Partei"-Vorsitzenden und Satirikers Martin Sonneborn. Darin trägt Sonneborn ein T-Shirt mit der Aufschrift "AU WIEDELSEHERN, AMLERIKA! abem Sie Guter FrLug runtel! Printed in China für Die PALTEI".
Was von Sonneborn offenbar als Satire in Richtung Donald Trump gedacht war, wurde von vielen als rassistisch empfunden.

"Sehr große Aufregung" in der deutsch-asiatischen Community

"Der Tweet spricht für sich", meint auch Farhad Dilmaghani vom Verein "DeutschPlus", der für eine plurale Gesellschaft eintritt. "Wir als ‚DeutschPlus‘ haben ja auch viele Verbindungen mit der deutsch-asiatischen Community hier in Deutschland. Da war die Aufregung sehr groß."
Dass Semsrott wegen des Tweets die Partei verlassen hat, begrüßt Dilmaghani: "Das war eine Superreaktion von Nico Semsrott. Ich denke, dass man rassistische Aussagen immer sofort sanktionieren sollte, aber auch erklären, was der Rassismus daran ist."

Auch in der deutsch-asiatischen Community sei der Parteiaustritt Semsrotts mit Erleichterung aufgenommen worden, so der "DeutschPlus"-Vorsitzende. "Das zeigt auch, dass eine neue Generation selbstbewusster ist, Rassismus auch im Alltag anzusprechen."
Dilmaghani vergleicht den Fall Sonneborn mit dem des Satirikers Dieter Nuhr: Dieser meine auch immer, solche Witze reißen zu können, und versuche dann immer zu erklären, dass man den Humor nicht verstehen würde. "Rassismus ist einfach nicht witzig und das sollte man an der Stelle auch klarstellen", betont der "DeutschPlus"-Vorsitzende.

Antifaschismus heißt nicht automatisch Antirassismus

Möglicherweise liegt das Problem im Fall Sonneborn darin, dass eine ältere Generation von Linken sich automatisch als auf der richtigen Seite stehend empfindet und insofern gewissermaßen per Selbstdefinition gar nicht rassistisch sein kann?
"Das ist auch meine Beobachtung an der einen oder anderen Stelle", sagt Dilmaghani. "Das kann man natürlich nicht verallgemeinern, aber es gibt bei den älteren Linken natürlich ein sehr starkes Bekenntnis zum Antifaschismus. Aber Antifaschismus heißt halt leider nicht immer, dass die Leute auch wirklich antirassistisch sind – da gibt es sehr viele Beispiele – oder nicht ausreichend Sensibilität haben für Antirassismus."
(uko)

Farhad Dilmaghani ist Gründer und Vorsitzender des Vereins "DeutschPlus" und Vorstandsbevollmächtigter des Analyse- und Beratungshausese Phineo. In Berlin war er Staatssekretär für Arbeit und Integration und fünf Jahre im Bundeskanzleramt als Referent für Grundsatzfragen sowie Bildung und Forschung.

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Farhad Dilmaghani" hier zum Nachhören:
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