Fantasy

Unaussprechlich aber modern

Der US-Autor Patrick Rothfuss
Der US-Autor Patrick Rothfuss bricht gängige Fantasy-Klischees und ist fasziniert von der Fremde. © picture alliance / dpa / Toni Garriga
Von Elena Gorgis · 16.03.2015
Patrick Rothfuss hat viele Fans. Der Autor ist aus Wisconsin angereist und tourt auf Lesereise durch Deutschland. Dabei erzählt er, dass das Schreiben manchmal so ähnlich ist wie Pinkeln.
Der Fantasy-Autor Patrick Rothfuss hat seinem Helden einen ganz besonderen Namen verpasst: "
Kwo-te spreche ich den aus, auch wenn ich weiß, dass er nicht so ausgesprochen wird... wenn er mir persönlich gegenüberstehen würde, würde ich, glaube ich, Kwout sagen... Kwouthie... Oh Gott, äh – Qwouth? keine Ahnung, weiß ich wirklich nicht!"
Dem Erfolg von Kvothe, wie er korrekt heißt, hat der unaussprechliche Name aber nicht geschadet. Die Geschichte des bettelarmen Waisenjungen, der es in einer mittelalterlichen Fantasie-Welt an die Universität schafft und sich dort zum sagenumwobenen Magier entwickelt, hat Patrick Rothfuss berühmt gemacht. Hunderte Fans im Alter zwischen 20 und 40 sitzen erwartungsvoll vor einer Lesebühne auf der Leipziger Buchmesse, um den Autor aus Wisconsin einmal live zu erleben. Sie begrüßen ihn wie einen Popstar.
Patrick Rothfuss: "Hat jemand zufällig eine englische Ausgabe meines Buchs dabei? Ich habe vergessen, eine mitzubringen. Und ich habe Angst, dass ich jetzt zur Strafe versuchen muss, auf Deutsch zu lesen."

Patrick Rothfuss weiß, wie er sein Publikum unterhalten kann. Eigentlich ist die Präsentation seines neuen Buchs "Die Musik der Stille" eine kleine Enttäuschung für die Fans. Es ist nicht etwa der dritte und letzte Band über die Geschichte von Kvothe, sondern ein Spin-Off, eine Nebenhandlung. Im Mittelpunkt steht diesmal nicht der männliche Held, wie es im Fantasy-Genre oft üblich ist, sondern die Studentin Auri, die durch das Magiestudium an der Universität zu einem Psycho-Wrack geworden ist. Patrick Rothfuss setzt auf Außenseiterfiguren und will gängige Klischees vermeiden, wie er im Interview erzählt.
Kvothe zum Beispiel ist ein neugieriger Held
"Fantasy hat ein großes Problem damit, wie Frauen oder Ethnien dargestellt werden. Meistens geht es nur darum, dass weiße Menschen andere weiße Menschen treffen und das ist es dann. Man muss sich bewusst machen, wie man über Rasse, Kultur oder Gender schreibt, und ich versuche sehr vorsichtig zu sein, wenn ich solche Fragen angehe."
Patrick Rothfuss' Charaktere sind fasziniert vom Fremden. Kvothe zum Beispiel ist ein neugieriger Held. Er bereist im Laufe seines Lebens die Welt, lernt wenig bekannte Völker und unerforschte Kulturen kennen. In seinen Beschreibungen verzichtet Rothfuss auf kolonialistische Stereotypen, derer sich manche Kollegen aus dem Fantasy-Genre gern bedienen. Seine Leser schätzen genau das an seiner Literatur. Aber mit ihrer Zuneigung hätten sie ihn vor einigen Jahren, als sein erster Band erschien, fast erdrückt, erinnert er sich.
"Ich war darauf nicht vorbereitet, ich weiß nicht, ob man das überhaupt sein kann. Ich habe großen Druck empfunden und mich gefragt, ob ich zwei gute Bücher hintereinander schreiben kann. Und dann hab ich es gemacht und weiß jetzt: Ich kann es, ich bin nur nicht der Schnellste."
Seit vier Jahren arbeitet der US-Amerikaner nun schon am Abschluss seiner Trilogie. Auch hier in Leipzig geht es deshalb mal wieder um die Frage, wann denn nun endlich der letzte Band erscheint. Kann er bei dem ganzen Erwartungsdruck überhaupt schreiben, will eine Leserin wissen.
"Das ist ein schrecklicher Vergleich: Habt Ihr schon mal versucht zu pinkeln, wenn euch jemand dabei zuguckt? Und jetzt versucht euch mal vorzustellen zu pinkeln, während vier Million Leute zugucken!"
Kein Wunder, dass Patrick Rothfuss den großen Erwartungen mit einer kleinen Novelle ausgewichen ist. Der Befreiungsschlag ist ihm geglückt. "Die Musik der Stille" steht seit ihrem Erscheinen vor drei Wochen auf der Bestseller-Liste.

Patrick Rothfuss ist auf Lesereise durch Deutschland und Österreich. Hier einige Termine:

Berlin:
Montag, 16. März, 19 Uhr im Audimax der Humboldt-Universität.
Köln: Dienstag, 17. März, 21 Uhr: Auf der MS Rhein/Energie/Literaturschiff, Moderation: Denis Scheck im Rahmen der lit.Cologne
Reutlingen: Mittwoch, 18. März, 20 Uhr: Lesung in der Stadthalle; Moderation: Björn Springorum, Deutsche Lesung: Chrysi Taoussanis

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