Fantasy Filmfest wird immer anspruchsvoller

Von Jörg Taszman · 27.08.2013
Die Besucher des Fantasy Filmfests, das es seit 1987 gibt, sehen immer anspruchsvollere Filme. Die Zeiten von ein wenig Trash und Horror sind vorbei. Auch zählen immer mehr Frauen zu den Fans.
"We wanna scan you, all of you, your emotions, your laughter, your tears. We want to sample you and to own this thing called Robin Wright."

In einer nahen Zukunft kommt das Ende des klassischen Kinofilms. Schauspieler wie der einstige Hollywoodstar Robin Wright aus "Forrest Gump" werden von Kopf bis Fuß eingescannt. Es ist die einzige Möglichkeit, um noch als Schauspieler wahrgenommen zu werden. Den Produzenten und Filmstudios bietet das die Möglichkeit, ohne den lästigen Faktor Mensch, sich das Beste aus dem Schauspielermaterial herauszusuchen und den perfekten synthetischen Film zu schaffen.

"The Congress", der Eröffnungsbeitrag, ist fast schon programmatisch. Halb Spiel- und halb Animationsfilm hinterfragt das Werk die Utopien der Menschheit ebenso wie die Zukunft des Kinos. Der israelische Regisseur Ari Folman, der mit "Waltz with Bashir" das neue Genre des animierten Dokumentarfilms erschuf, begrüßte zur Eröffnung in Berlin das Publikum:

Der Weg das Fantasy Filmfests in über 25 Jahren
"Ich freue mich sehr hier zu sein, weil ich glaube, das Fantasy Film Festival ist der richtige Rahmen für diesen Film. Ich habe viel über meinen Film gelesen, manchmal bin ich selber erstaunt und geschockt über das, was ich da gedreht habe. Daher dachte ich mir, es sei vielleicht angebracht vor dem Film einige Anleitungen zu geben. Bei diesem Film müssen sie sich anschnallen und sich gehen lassen. Lassen Sie es einfach geschehen und behalten Sie sich all ihre Gedanken für später. Sie werden jetzt auf einen Trip gehen, hoffentlich wird es ein guter Trip."

Der Film von Ari Folman verdeutlicht, welchen Weg das Fantasy Filmfest in über 25 Jahren zurück gelegt hat. Nun werden der treuen Fangemeinde auch anspruchsvolle Werke zugemutet, die später in den Programmkinos der Republik zur Aufführung kommen. Die Genrevielfalt ist groß. Es gibt immer noch die Horror- und Splatterfilme, aber das Interesse für einige Genres wie den klassischen Kung Fu-Film hat beispielsweise abgenommen. Dafür sind neue Zuschauergruppen und Filme hinzugekommen wie Rainer Stefan, einer der beiden Macher des Festivals erklärt:

"Das Festival an sich hat so eine ganz treue Fanbase. Wir haben aber das Festival viel weiter gefasst. Die Zeiten, wo man mit ein bisschen Horrorkomödie, Splatter und Trash ein Festival bestreiten kann, ist eindeutig vorbei. Das hat sich etwas ausgelutscht. Wir haben das Ganze weiter ausgedehnt auf Thriller und, was eine schöne Entwicklung ist: Es gibt viele Horror und Genrefilme, die gleichzeitig in den Arthousebereich gehen. Wundervolle Sachen wie "Beasts of a Southern Wild" im letzten Jahr. Die Genres verwischen sich so. Das ist toll."

Zu den Höhepunkten in diesem Jahr gehört der Beste Spanische Film des Jahres, der bei den spanischen Oscars den Goyas, ganz groß abräumte. "Blancanieves" von Pablo Berger ist ein wunderbar schön fotografierter Stummfilm, der die Schneewittchen-Geschichte in ein Spanien am Anfang des 19.Jahrhunderts verlegt.

Der Vater des kleinen Mädchens ist ein ehemaliger berühmter Stierkämpfer. Nach einem Unfall in der Stierkampfarena ist er gelähmt und mit seiner ehemaligen Krankenschwester, Schneewittchens neuer böser Stiefmutter, verheiratet. Bei solchen Filmen sitzen dann auch Frauen im Publikum. Das war nicht immer so.

Programmchefin Frederike Deller betont, dass heute ein Drittel des Publikums aus Frauen besteht. 1987 saßen 99,9 Prozent Männer in den Kinos, sagt sie lachend. Das Fantasy Filmfest hat besonders treue Fans. Die Dauerkarten sind seit Wochen ausverkauft. Man braucht das Publikum, um sich zu refinanzieren. Denn öffentliche Gelder bekommen die Festivalmacher nicht, wie Reiner Stefan erwähnt:

"Finanzieren können wir uns , durch diese Idee, in 7 Städte zu gehen. Der Programmierungsbedarf ist hoch...wenn du 7 Abspielstätte n hast, dann hast du mehr Einnahmen und vor allem du bist viel interessanter für Werbepartner, weil Du ganz Deutschland abdeckst..."

Nicht alle Filme funktionieren
Vor allem durch den Ticketverkauf und Sponsoren kann sich das Festival finanzieren. Wenn sich ein Filmgenre immer weniger rentiert oder das Publikum in einigen Städten ausbleibt, müssen die Programmmacher darauf reagieren. Das Experiment in Städte wie Leipzig, Hannover oder Dortmund zu expandieren ging beispielsweise nicht auf. So sind heute neben Hamburg, Berlin und München nur noch Frankfurt, Köln, Stuttgart und Nürnberg mit dabei.

Nicht alle Filme funktionieren. Ambitionierte französische Thriller haben es so nicht immer leicht. Deutsche Filme sind Mangelware. Die Ausnahme unter den über 70 gezeigten Filmen war gestern die Premiere von "Robin Hood" des von "Pro 7" unterstützten Abschlussfilms an der Filmhochschule Ludwigsburg von Jungregisseur Martin Schreier.

Das anspruchsvolle Werk spielt in einem wirtschaftlich kaputten Deutschland irgendwann in einer baldigen Zukunft. Damit erinnert es an den Eröffnungsfilm "The Congress". In "Robin Hood" haben die Banken das Sagen und stürzen große Teile des Volkes ins Elend. Bankräuber, die einen Teil der Beute verschenken, werden so beim Volk zu Helden.

Wie so oft, wenn sich das deutsche Kino an Genres wie dem Thriller oder dem Science Fiction Film versucht, mangelt es nicht an Ideen. Der Look und die Musik stimmen. Nur die Schauspielführung, schwache Dialoge und Logikfehler verleiden einem als Zuschauer den Spaß.

Regisseur Martin Schreier polemisierte in der Diskussion nach dem Film leidenschaftlich gegen das subventionierte Kunstkino und Komödien, die viel mehr Geld kosteten, aber niemand mehr sehen wolle. Regisseur Martin Schreier ist sich sicher, dass man vom neuen deutschen Genrekino in Zukunft mehr sehen werde. Das Fantasy Filmfest sei dafür die ideale Plattform- für seinen Film ohnehin. Bis heute hat sich kein Kinoverleiher gefunden.
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