Familienleben

Die unsichtbare Schwerstarbeit der Mütter

04:28 Minuten
Eine Frau saugt Staub mit einem Staubsauger in ihrem Wohnzimmer. Im Vordergrund sitzt ein Baby auf dem Boden.
Nicht nur putzen, sondern auch dran denken, wann Putzmittel gekauft werden müssen: Haushaltsplanung hängt nach wie vor oft von den Frauen ab. © imago / photothek
Ein Kommentar von Kirsten Fuchs · 04.02.2020
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Nur vier von zehn Vätern gehen in Elternzeit. Und sie bleiben wesentlich kürzer bei den Kindern als die Mütter. Das gesamte Familienmanagement hängt weiterhin an den Frauen, meint die Autorin Kirsten Fuchs. Väter müssten mehr Verantwortung übernehmen.
Der Begriff Sorgearbeit bringt es auf den Punkt: Das ist die Arbeit, die vor allem Frauen ausführen, ohne dafür bezahlt zu werden: Haushalt, Kinderbetreuung, Elternpflege, Freunden helfen. Laut einer Studie des Statistischen Amtes der Europäischen Union vom August 2018 wird Hausarbeit in Deutschland immer noch zu 72 Prozent von Frauen übernommen, bei der Kinderbetreuung liegt die Leistung der Frauen sogar bei 88 Prozent. Das ist der aktuelle Stand der sogenannten Sorgearbeit – ohne Bezahlung, nix für die Rente. Aber jetzt wird es noch perfider.

Familienmanagement: Sorgearbeit plus vorher planen

Es ist nicht nur das Erledigen dieser vielen Aufgaben, die beim Managen vom Familienleben anfallen. Es gibt auch das Dran-Denken. Das sogenannte Mental Load. Ohne dieses Vorplanen funktioniert in einer Familie gar nichts, führt aber bei betroffenen Frauen häufig zu psychischer Überlastung. Mental Load wurde durch einen gleichnamigen Comic aus dem Jahre 2017 von der französischen Illustratorin Emma bekannt. Der Moment der Erkenntnis kam der Illustratorin als sie bei einem befreundeten Elternpaar zum Essen war.
Sie beobachtete die Gastgeberin dabei, wie sie die Kinder überredete zu essen und gleichzeitig für den Gast kochte. Als einer der Töpfe überkochte, sagte der Mann: "Warum hast du mich denn nicht gefragt? Dann hätte ich dir geholfen." Da kochte auch bei der Illustratorin Emma der Topf über. Denn nicht nur, dass der Mann sich nicht zuständig gefühlt hatte für die Kinder, das Essen, den Gast, den Topf. Er verlangte von ihr auch noch die Aufforderung zur Hilfe.

Ein französisches Comic machte Mental Load bekannt

Kennen sie das? Dann geht es ihnen wie etlichen Frauen, die sich in diesem Comic wiedererkannt haben. Aber Mental Load ist nicht in oder cool oder ein hippes Accessoire. Es ist ungerechter Mist – mit Tradition.
Bei meiner Großmutter hieß Mental Load noch "Omas Leben". Bei meiner Mutter hieß es "Emanzipierte Frau in der DDR". Es könnte auch heißen "die unendliche To-do-Liste von Müttern" oder "die kleinen Aufgaben fressen mein Gehirn auf".

Mental Load ist unsichtbare und anstrengende Arbeit

Mental Load ist im Grunde unsichtbare Arbeit, denn die Küche wird nicht sauber, wenn ich nicht dran gedacht habe, dass das Putzmittel leer ist und gekauft werden muss. Ach ja und Johanna hat eine Geburtstagseinladung und Geburtstagskind Leonie mag die drei Fragezeichen-Kids. Für Thea muss ein neuer Kieferorthopäde gesucht werden, morgen ist Kuchenbasar und Johanna braucht einen neuen Schwimmanzug. Könnte das der Vater erledigen?
Ein Freund hat mir mal erzählt, er habe angeboten, sich ein Jahr um die Kleidung des Sohnes zu kümmern. "Du weißt doch seine Größe gar nicht", hat die Mutter geantwortet.
Ich habe zu meinen zwei Töchtern zwei Väter. Wenn ich dem einen eine Aufgabe gebe, zum Beispiel, dass er die Tochter zu einem Geburtstag bringen soll, dann suche ich den Weg raus, ich gebe ihm Geld – und dann ruft er an und sagt mir, dass der Bus gerade weg ist. Wenn das Kind abgeliefert ist, schreibt er mir, dass das Kind abgeliefert ist. Als wäre ich die Auftraggeberin und so verhalte ich mich auch, denn anders klappt es nicht. Schade! Der andere Kindsvater übernimmt die Hälfte und tut oft so viel von alleine, dass wir nicht selten beide Brot oder Klopapier kaufen, dann haben wir eben viel Brot und viel Klopapier.

Väter sollen Verantwortung tragen, nicht nur helfen

Es reicht also nicht, dass die neuen Väter großartig sind und helfen. Sie sollen Verantwortung tragen. Warum soll ich die Hausarbeit noch besser vorplanen und koordinieren? Ist das mein Haushalt? Warum soll ich meinen Mann fragen, ob er mehr Aufgaben übernimmt, was die Kinder angeht? Sind das meine Kinder oder unsere?
Wenn ich noch einmal lese, dass die Frau die Aufgaben besser delegieren muss, fresse ich einen Besen und fege nie wieder die Küche.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt in Berlin. 2003 hat sie den Open Mike gewonnen. Seit 2007 schreibt sie Kolumnen für Das Magazin. Sie ist Mitglied bei der Lesebühne "Fuchs und Söhne". Im Jahr 2016 erhielt die Autorin den Kasseler Förderpreis für komische Literatur sowie den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Jugendbuch für "Mädchenmeute".

Porträt der Autorin Kirsten Fuchs
© Paul Bokowski
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