Fahrverbot für Motorräder im Taunus

Der Kampf gegen die "Mörderbienen"

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Auf dem Bild sieht man einen Motorradfahrer, der am Großen Feldberg in eine Kurve fährt. Das Motorrad ist eine restaurierte Laverda.
Motorradfahrer in einer Kurve am Großen Feldberg: Der Lärm der Maschinen lässt manchmal die Kaffeetassen der Anwohner vibrieren. © dpa / picture alliance / dpa-report / Rolf Schultes
Von Ludger Fittkau · 24.04.2019
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Schönstes Wetter - die Gelegenheit für Biker zur ersten Ausfahrt. Besonders beliebt: Ausflugsgebiete, die kurvige Straßen bieten. Für Anwohner wird der Lärm zur Zumutung. Am Großen Feldberg im Taunus reagiert die Gemeinde mit Streckensperrungen.
"Das ist der Kick sicherlich für den Fahrer und das ist der Störfaktor für den Anwohner."
Marcus Kinkel, Bürgermeister der Gemeinde Schmitten im Taunus am Fuße des Feldbergs, leidet seit langem unter dem Motorradverkehr in seinem Ort:
"Wenn ich jetzt auf meiner Terrasse sitze - für mich sind das immer Mörderbienen, ein Summen von Mörderbienen ist das. Das geht dann wirklich hoch. Die müssen teilweise auch nicht schnell fahren, die können auch mit 50 durch den Ort fahren. Im zweiten Gang ist das so laut, als wenn die 180 im sechsten fahren. Dieses Hochziehen, dann auch diese Schaltvorgänge, da vibriert –sage ich mal – jede Kaffeetasse im Sommer."

Mekka für Motorradfahrer

Seit Jahrzehnten sind die Landstraßen rund um den knapp 900 Meter hohen Feldberg im Taunus ein Mekka für Motorradfahrende - nicht nur im Sommer. In der Gaststätte unter dem Funkturm auf dem Gipfel erzählt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will, wann sich hier die meisten Motorradfans treffen:
"Im Winter ist das hier immer Heiligabend unheimlich viel. Da sind unheimlich viele Motorräder."
Mit den Samba-Rhythmen einer Trommelgruppe feiern hier regelmäßig Tausende Motorad-Freaks eine alternative Weihnacht.

Straßen werden mit dem Nürburgring verwechselt

Dagegen hat der Ortsbürgermeister Marcus Kinkel auch gar nichts. Er will das Fahrverbot vor allem für diejenigen, die die Straßen rund um den Gipfel mit dem Nürburgring verwechseln.
Zunächst im Mai und im September sollen zwei Strecken am Großen Feldberg probeweise für insgesamt 18 Tage gesperrt werden. Eine Strecke verläuft von Oberursel nordwestlich von Frankfurt am Main über die Passhöhe Sandplacken auf knapp 700 Metern Höhe bis runter in den auf rund 400 Meter Höhe gelegenen Ortskern von Schmitten im Taunus. Getestet werden soll mit dem Fahrverbot auch, wohin die Motorradfahrenden gegebenenfalls dann ausweichen, so Marcus Kinkel:
"Auch das werden wir durchaus sehen. Sicherlich werden wir, wenn wir im Oktober oder Ende des Jahres zusammensitzen, von anderen Stellen gesagt bekommen: Aus irgendwelchen Gründen haben wir dort vermehrt Motorradverkehr. Ich persönlich glaube es erst mal nicht. Weil – das Klientel, das hier nach der Arbeit oder am Wochenende mal schnell kommt, will diese zwei Strecken haben. Die sind halt interessant. Es gibt ja Leute, ich habe das selbst beobachtet, (die fahren) achtzehn, zwanzig, dreißig Mal die Strecke zwischen Sandplacken und Schmitten. Das hat ja jetzt nichts mit `Ich fahr mal durch den Taunus´ zu tun. Sondern hier wird bewusst ein Teilabschnitt dazu ausgenutzt, so schnell wie möglich hoch und runter zu kommen. Und diese Leute fahren bestimmt nicht woanders hin."
Ein einzelner Bergrücken schaut beim Blick vom Großen Feldberg im Taunus (Hessen) aus einem Wolkenmeer heraus, das die niedriger gelegene Landschaft bedeckt. 
Blick vom Großen Feldberg im Taunus (Hessen): Die einen suchen Erholung, andere betrachten die Gegend als Motorsport-Gebiet.© picture alliance / dpa
An diesem Wochentag sieht man auf dem Feldberggipfel nur wenige Motorräder. Die Taunus- Touristen wie eine Münchnerin, die hier die warme Frühlingssonne genießen, diskutieren das kommende Fahrverbot kontrovers:

Jedes Wochenende mehrere Tote und Schwerverletzte

"Ich finde es gut. Weil das auch für die Motorradfahrer sehr gefährlich ist. Auch in Bayern gibt es mehrere Strecken, wo es jedes Wochenende mehrere Tote und Schwerverletzte gibt. Bin dafür."
"Die suchen sich einen neuen Treffpunkt. Dann ist das halt woanders, das ist nur verlagert."
... sagt Motorradfahrer Peter Feld. Der 60-Jährige sieht aber auch die Gefahren des Geschwindigkeitsrauschs:
"Man sollte das schon abschätzen können und sollte halt die Geschwindigkeit entsprechend piano lassen. Ich habe früher Moped gefahren, also Kreidler. Wenn ich direkt danach Motorrad gefahren hätte, gäbe es mich womöglich heute nicht mehr."
Einige Jahrzehnte Fahrpause hätten ihn vernünftig werden lassen, betont Peter Feld. Reinhard Thonemann und Wilfried Schneider, die am Tisch neben ihm sitzen, glauben, dass sich viele Fahrer andere Kurven in der Region zum Rasen suchen werden:
" Es geht ja ums Adrenalin. Ohne Gefahr kein Adrenalin."
"Motorrad ohne Kurve macht ja keinen Spaß."
Zwei Frauen am Nebentisch, die auf den Feldberg gewandert sind, nicken:
"Jeder Mann will doch Motorradfahren, oder?"
"Wenn die manchmal an mir vorbeifahren, dann meine ich, dass die extra nochmal aufdrehen, das ich bald einen Herzkasper kriege."
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