Experiment im Konzerthaus Berlin

Schlanke "Missa solemnis"

Die Beethoven-Statue auf dem Bonner Münsterplatz in der Geburtsstadt des Komponisten
Die Beethoven-Statue auf dem Bonner Münsterplatz in der Geburtsstadt des Komponisten © picture alliance / dpa
Moderation: Ruth Jarre · 26.10.2018
Eine neue Lesart präsentieren der Rundfunkchor Berlin und die Kammerakademie Potsdam von Beethovens Großwerk in ungewöhnlich kleiner Besetzung. Kann das gut gehen? Chefdirigent Gijs Leenaars ist vom Gelingen des Projektes überzeugt.
Sie war sein Lebenswerk: Um sie kämpfte Ludwig van Beethoven, stritt um sie, versprach immer wieder neue Abgabetermine, die er in keinem der Fälle einhielt. Wahrscheinlich kostete ihn dieses Versäumnis sogar den Titel eines Kapellmeisters, den er sich am Hof des Widmungsträgers Erzherzog Rudolf erhofft hatte.

Alles anders!

Trotz aller Kämpfe um das Werk kam seine "Missa Solemnis" nie zu Beethovens Lebzeiten vollständig zur Aufführung. Das lag nicht nur an den immer wieder verspäteten Abgabeterminen und damit verstreichenden Aufführungsmöglichkeiten. Es lag auch an den hohen Ansprüchen an die Mitwirkenden und die Zuhörer gleichermaßen.

Bei einem Konzert, in dem drei Teile der Messe als "Hymnen" zur Uraufführung kamen, zögerte die Kritik: zu komplizierte Stimmführungen im Chor, zu gewaltige Besetzung und viel zu viele anspruchsvolle musikalische Ideen beinhalte das Werk.
Die Unterschrift Ludwig van Beethovens
Die Unterschrift Ludwig van Beethovens© dpa / picture alliance / Markus Scholz

Gefürchtetes Werk

"Der Chor hat eine sehr enge Verbindung mit dem Werk," sagt Gijs Leenaars. "Es ist zugegeben eine Hassliebe, weil Beethoven für die Stimmen schreibt, was kaum zu schaffen ist. Der Chor hat ganz viele Erfahrungen mit dem Werk und es sehr oft aufgeführt."
Dabei gibt er zu, dass er das Werk zum ersten Mal für das Konzert einstudiert und damit endlich Zeit für das Werk gefunden hat. Der Dirigent hatte sich sehr auf seine "erste Missa" gefreut, musste aber sehr kurzfristig sein Dirigat absagen.
Der Dirigent Gijs Leenaars dirigert
Der Dirigent Gijs Leenaars hat für dieses Konzert die schwere "Missa Solemnis" das erste Mal intensiv einstudiert.© Rundfunkchor Berlin / Hans van der Woerd

In letzter Sekunde eingesprungen

Im vollen Bewußtsein des künstlerischen Wagnisses und auch im Wissen um die eigene, ganz andere Lesart des Werkes, ist buchstäblich in letzte Sekunde Marek Janowski eingesprungen. Trotz extrem knapper Vorbereitungszeit rettete er den Abend, aus dem ein großes Eriegnis wurde.
Der Dirigent Marek Janowski.
Der Dirigent Marek Janowski ist bekannt für seine Beethoven-Dirigate - hier rettete er den Abend für die Kammerakademie Potsdam und dem Rundfunkchor Berlin.© picture-alliance/ dpa / Hermann Wöstmann
Aufzeichnung des Konzertes vom 6. September 2018 im Konzerthaus Berlin
Ludwig van Beethoven
Missa solemnis D-Dur op. 123
für Soli, Chor und Orchester

Leitung: Marek Janowski

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