Evangelische Fastenaktion "Mal ehrlich!"

Der Mensch ist ein schlechter Lügendetektor

08:06 Minuten
Finger gekreuzt.
Lügen wird kulturübergreifend geächtet, sagt die Forschung. © imago/Science Photo Library
Simon Schindler im Gespräch mit Ute Welty · 06.03.2019
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Die evangelische Kirche ruft dazu auf, in der Fastenzeit nicht zu lügen. Würde man das tun, gäbe es wohl ein soziales Desaster. Kleine Lügen sind das Schmieröl des Zusammenlebens, sagt Psychologe Simon Schindler.
An diesem Mittwoch beginnt die diesjährige evangelische Fastenaktion. Motto:"Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen". Die evangelische Kirche ruft also dazu auf, knapp zwei Monate nur die Wahrheit zu sagen. Klingt erst einmal vernünftig. Könnte aber auch ein paar Fallstricke bereit halten.
Vor allem die "Norm der Höflichkeit" kommt uns bei dem Vorhaben in die Quere. Manchmal sei es notwendig, nicht die Wahrheit zu sagen, betonte der Sozialpsychologe Simon Schindler im Deutschlandfunk Kultur. Wer die Frage nach dem Geschmack des Essens offen und ehrlich mit "Ging gerade so" beantwortet, stößt dem Koch oder der Köchin vor den Kopf.

"Soziale" und "selbstbezogene" Lügen

Schindler unterscheidet in "weiße" beziehungsweise "soziale" Lügen und in "selbstbezogene". Die erste Kategorie macht das Leben oft einfacher. In die zweite fallen schwere Lügen wie das Vertuschen einer Affäre oder eine Falschaussage vor Gericht.
Lügen sei kulturübergreifend eine verwerfliche Tat, sagte Schindler. Die Forschung zeige aber, dass wir meistens die Wahrheit sagen. So kann sich Vertrauen bilden.
Die meisten Leute glaubten, dass man jemanden erkennen könne, der lügt – zum Beispiel am Vermeiden von Blickkontakt und nervösen Händen, berichtete der Sozialpsychologe. "Das stimmt (aber) alles nicht, zumindest haben wir empirisch keine Evidenz dafür."

Lügen haben oft wenig Details

Das Beste, was man tun könne, um eine Lüge zu entlarven, sei, auf den Inhalt zu achten, sagte Schindler: "Lügen haben oft mehr Widersprüche, Doppeldeutigkeiten, weniger Details, sind weniger logisch aufgebaut, sind weniger plausibel." Dementsprechend ist eine überzeugende Lüge, die möglichst dicht an der Wahrheit bleibt.
Laut Schindler ist der Mensch ein "schlechter Lügendetektor". Denn nicht selten wollen wir es gar nicht so genau wissen, weil die Wahrheit auch weh tun kann. Oftmals haken wir deswegen nicht genau nach, so Schindler:
"Wenn man mir ein Kompliment gemacht hat, dann wird das schon stimmen. Das fühlt sich ja auch gut an. Und die Motivation, sich gut zu fühlen, ist sehr stark."
(ahe)
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