Europaweit arbeiten - auch ohne Arbeitnehmerfreizügigkeit

Von Andreas Meyer-Feist · 18.05.2011
Seit dem 1. Mai brauchen unter den Bürgern der 27 EU-Mitgliedstaaten nur noch Bulgaren und Rumänen eine Arbeitserlaubnis, wenn sie in Deutschland einen Stelle annehmen möchten. Für Bürger Polens, Ungarns, Tschechiens, Sloweniens, Estlands, Lettlands, Litauens und der Slowakei gilt dagegen jetzt die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Viele Rumänen bedauern, dass ihnen dieser Vorteil in Deutschland noch nicht gewährt wird. Andere Länder sind da flexibler. Was allerdings dazu führt, dass bereits Fachkräfte in Rumänien fehlen.
Nicht Deutschland, Österreich ist das Ziel vieler besser ausgebildeter Rumänen: Zwar gilt auch hier die für Rumänen verspätete Arbeitsmarktöffnung. Doch die österreichische Regierung hat andere Möglichkeiten geschaffen, um dringend benötigtes Fachpersonal ins Land zu holen. Für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien gilt die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Card. Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt bekommt, wer die wichtigsten Kriterien wie Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse erfüllt. Davon profitieren vor allem Rumänen, die in Mangelberufen arbeiten, zum Beispiel Krankenpfleger.

Rumänisches Personal sei keineswegs "schlecht ausgebildet", sagt dieser junge Krankenpfleger, nur billiger. In Österreich hat er schon gearbeitet. Hier ist sein Berufsbild hoch begehrt. Darum will er auch nicht nach Deutschland, sondern nach Österreich zurückkehren. Einen Vertrag hat er schon, zu akzeptablen Bedingungen. Angst vor Lohn- und Sozialdumping hat er nicht.

Die Sozialversicherung übernimmt die Pflegekasse. Sein Gehalt für die Rundumversorgung einer alten Dame ist garantiert - dafür sorgen staatliche Zuschüsse in Österreich. Und gleichzeitig trägt der Krankenpfleger aus Rumänien auch noch dazu bei, den Pflegenotstand in der Alpenrepublik etwas zu entschärfen.

Die meisten jungen Rumänen finden es nicht gut, dass sie warten müssen, bis die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für sie gilt.

Das wäre gar nicht so schlecht, sagt dieser junge Mann in Bukarest, eine Legalisierung und mehr Freizügigkeit bedeutet mehr Einkommen. Alles wäre unter Kontrolle. Legal ist einfach besser als illegal. Das ist einfach nicht in Ordnung. Auf die EU-Bürokratie ist er nicht gut zu sprechen. Er selbst hat damit schon üble Erfahrungen gemacht. Als Lkw-Fahrer.

15 EU-Staaten haben noch Beschränkungen für Arbeitnehmer. Andere Staaten haben sie aber schon lange vorher aufgegeben und ihre Arbeitsmärkte längst geöffnet, zum Beispiel Tschechien.

Ein rumänischer Lkw-Fahrer braucht in Tschechien keine amtliche Arbeitserlaubnis. Rechtliche Lücken, die rumänische Lkw-Fahrer auf der Suche nach einem Job im EU-Ausland gerne nutzen: Sie fahren auf tschechischen Lkws für österreichische Unternehmer.

Viele Fachkräfte haben es aber gar nicht mehr nötig, auf die Arbeitsmarktöffnung zu warten. Sie finden inzwischen auch in Rumänien genügend Jobangebote und wollen nicht mehr ins Ausland. In der Hauptstadt Bukarest gibt es sogar schon einen Mangel an qualifiziertem Personal. Mechaniker, Elektriker, Maschinenbauer werden gesucht. Vor allen von ausländischen Investoren wie von Bernd Wollschner. Der Österreicher baut Kläranlagen und Kanalisationen. Doch für diese wichtigen Infrastrukturprojekte sind passende Arbeitskräfte oft schwer zu finden. Die Fachkräfte, die er braucht, kehren Rumänien den Rücken.