Europawahl

    Ruck nach Rechts

    Marine Le Pen, Parteivorsitzende der französischen rechtspopulistischen Front National
    Marine Le Pen, Parteivorsitzende der französischen rechtspopulistischen Front National © picture alliance / dpa / Foto: Alexei DruzhininYoan Valat
    26.05.2014
    Den Rechtspopulisten wurde ein Erfolg bei den Europawahlen vorhergesagt. Jetzt, wo Parteien wie die Front National in Frankreich und die Ukip Partei in Großbritannien einen sensationellen Sieg errungen haben, geht die Suche nach Erklärungen los.
    Ob Jen Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National (FN) in Frankreich oder Nigel Farage von der europafeindlichen Partei Ukip in Großbritannien, in ganz Europa berauschen sich die Rechtspopulisten an ihren Wahlergebnissen.
    Im Deutschlandradio Kultur bewertete der Ex-Präsident des EU-Parlaments, Hans-Gert Pöttering, das positive Abschneiden der europafeindlichen Parteien als eine Abstrafung der Regierungen. "Das ist ein besorgniserregendes Ergebnis", sagte er.
    Die Wahl war nicht nur in Großbritannien ein Denkzettel für die etablierten Parteien und das politische Erdbeben, das Nigel Farage, Chef der britischen Anti-EU-Partei UKIP, vorhergesagt hatte. "Die Volksarmee von UKIP hat heute Abend gesprochen und für das außer-gewöhnlichste Ergebnis in der britischen Politik seit einhundert Jahren gesorgt", sagt er. Die UKIP hat allen anderen Parteien Stimmen weggenommen.
    Protest-Wahl gegen die französische Regierung
    Vor allem die knapp 25 Prozent der Wählerstimmen für die Front National haben Frankreich erschüttert und schockiert. Vor fünf Jahren waren es noch 6,3 Prozent der Stimmen. Parteivorsitzende Jen Marine Le Pen forderte eine Auflösung des französischen Parlaments und Neuwahlen. Dem widersprach am Montag Premierminister Manuel Valls, der erst seit der Niederlage der Sozialisten bei den Kommunalwahlen im März im Amt ist.
    "Wir überlassen doch den Platz nicht den Rechtsextremen, die nicht die Werte unseres Landes vertreten", sagte Valls.
    Der Erfolg für die französischen Rechtspopulisten wird auch als Protest-Wahl gegen die Regierung von Staatspräsident Hollande gewertet, wie Korrespondentin Birgit Kaspar aus Südfrankreich berichtet. In der Gemeinde Martres-Tolosane kam die Protest-Partei sogar auf 33 Prozent.
    Niederlage von Geert Wilders
    Populismus-Experte David Bebnowski vom Institut für Demokratieforschung in Göttingen überrascht das Ergebnis der Retchtspopulisten hingegen nicht. Allerdings dürfe man jetzt nicht von einer allgemeinen Europaskepsis ausgehen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Man müsse die Ergebnisse differenziert betrachten und auch auf die nationalen Besonderheiten schauen. So habe Islam-Kritiker Geert Wilders' in den Niederlanden eine Niederlage mit seiner rechtsgerichteten Partei für die Freiheit (PVV) erlitten, die auf Platz drei kam.
    In Deutschland feierte dagegen die Alternative für Deutschland einen Erfolg. Aus dem Stand erreichte die AfD, deren Spitzenkandidat der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel war, sieben Prozent. Im Deutschlandfunk distanzierte sich Henkel aber von Parteien wie der Front National oder der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich. Die Alternative für Deutschland (AfD) sei keine europakritische, sondern eine Euro-kritische Partei, sagte er.
    Hans-Olaf Henkel spricht auf dem AfD-Parteitag
    Hans-Olaf Henkel spricht auf dem AfD-Parteitag© picture-alliance / dpa / David Ebener
    Für die CSU war der antieuropäische Wahlkampf allerdings nicht erfolgreich. Zwar holte die Schwesterpartei der CDU 40 Prozent der Stimmen, die sei aber ein völlig unbefriedigendes Ergebnis, sagte der CSU-Politiker Wilfried Scharnag im Deutschlandfunk. Das Ergebnis sei schmerzlich, "weil wir von extremen Höhen gekommen sind, ist der Absturz gewaltig und trotz des Absturzes sind wir immer noch die erfolgreichste Volkspartei", so Scharnagl.
    In Brüssel wird nun die Frage gestellt, wer neuer Präsident der EU-Kommission werden wird. Sowohl der konservative Jean-Claude Juncker als auch der Sozialdemokrat Martin Schulz erheben Ansprüche auf das Amt. Die Koalition der Europäische Volksparteien (EVP) ist zwar nach den Wahlen die stärkste Karft im Europaparlament, ob sie allerdings eine Mehrheit für ihren Kandidaten Juncker bekommt, ist noch offen.
    jad
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