Europäische Union

Geld ausgeben als Gebot der Stunde

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellt sein Investitionsprogramm vor.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellt sein Investitionsprogramm vor. © picture alliance / dpa / Patrick Seeger
Von Annette Riedel · 26.11.2014
In Europa wird nicht genug investiert. Das ist die Auffassung der EU-Kommission, die mindestens 315 Milliarden Euro mobilisieren will. Sozialdemokraten und Grüne fürchten, dass die Falschen profitieren könnten.
Vor Weihnachten, so hatte EU-Kommissionspräsident bei Amtsantritt versprochen, würde er seinen Investitionsplan vorstellen. Er übererfülle sein Versprechen
"Weihnachten kommt dieses Jahr früher. Ich bin hier, um mein Versprechen zu erfüllen."
Im Kern sehen Junckers Pläne vor, dass mit dem Einsatz von relativ wenig öffentlichem Geld viel privates Geld mobilisiert, so dass aus jedem einzelnen Euro 15 Euro Investitionen generiert werden, mit Hilfe von Garantien für private Investoren aus einem neuen Fonds. Insgesamt sollen so 16 Milliarden aus den EU-Haushalten und 5 Milliarden aus den Reserven der Europäischen Investitionsbank, insgesamt auf mindestens 315 Milliarden Euro bis 2017 verfünfzehnfacht werden.
Eine Gelddruckmaschine habe man nicht, so Juncker.
"Wir brauchen in Europa eine Koalition der Investitionswilligen."
Den heute vorgelegten Plänen der EU-Kommission liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass in Europa zurzeit einfach nicht genug investiert wird. Die öffentlichen Haushalte sind zumeist bestenfalls auf Kante genäht, können nicht genug investieren, obwohl es an allen Ecken und Enden – Stichwort Infrastruktur – not täte. Privates Geld gibt es dagegen genug – besonders kleine und mittlere Unternehmen scheuen aber in vielen Ländern der EU aufgrund der Wirtschaftskrise die Risiken von Investitionen.
Über den Fonds, der jetzt mit den besagten 21 Milliarden Euro bestückt werden wird, sollen Investoren abgesichert werden, sollen sich so trauen, auch in risikoreichere Projekte zu investieren. Der Fonds ist ausdrücklich offen für Beiträge aus den EU-Ländern, so Juncker. Würden sie sich beteiligen, könnten sie ‚belohnt‘ werden
"Im Gegenzug verspreche ich Ihnen, dass diese Kapitalbeiträge an den Fonds bei der Überprüfung der öffentlichen Haushalte auf der Grundlage des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht eingerechnet werden."
Also rechnerisch nicht zur Steigerung des jeweiligen Haushaltsdefizits führen würden. Dem Fonds werden unabhängige Experten zur Seite gestellt, die über den Mehrwert von neuen Projekten entscheiden. Flankiert soll dies werden von einem Fahrplan zum Abbau von nicht-finanziellen Investitionsbarrieren. Stichwort Ent-Bürokratisierung. Nach Junckers Plänen soll vornehmlich investiert, wohlgemerkt neu investiert werden, in den Schlüsselbereichen – Transport, Schnelles Internet, Energie Forschung und Innovation, Bildung.
"Ich stelle mir vor, dass Schulkinder in ein brandneues Klassenzimmer gehen"
"Ich stelle mir vor, dass Schulkinder in Thesaloniki in ein brandneues Klassenzimmer gehen, vollständig mit Computern ausgestattet. Ich stelle mir europäische Krankenhäuser vor, die Leben mit der neuesten medizinischen Ausrüstung retten. Ich stelle mir einen französischen Autofahrer vor, der entlang der Autobahn sein Elektroauto genauso einfach aufladen kann, wie wir heute tanken."
Die EU-Kommission hofft auf 1,3 Millionen neue Arbeitsplätze, die mit Hilfe des Investitionspakets entstehen könnten.
"Ich sage gleich zu, es aus vollem Herzen zu unterstützen."
Aus ganz so vollem Herzen wie der Chef der am zu schaffenden Fond maßgeblich beteiligten Europäischen Investitionsbank Werner Hoyer war die Zustimmung im EU-Parlament heute nicht. Der Vorsitzende der Fraktion der Volksparteien, Manfred Weber zollte Juncker Respekt für die schnelle Arbeit.
"Jean-Claude Juncker hat heute einen überzeugenden Vorschlag vorgelegt. Und ich bitte die Kritiker, die bereits jetzt schon sich äußern, um einen Ansatz der konstruktiven Kritik."
Auch Weber sieht das größte Problem, dass nicht in wirklich neue - zusätzliche - Projekte investiert, schlicht 'umetikettiert' werden könnte. Eine Sorge, die er mit den Grünen teilt, wie deren Ko-Vorsitzender, Philippe Lambertz, sagte.
"Wir wollen jedenfalls nicht, dass das Geld an diejenigen fließt, die ein paar Tage, ein paar Stunden, ein paar Mikrosekunden mit dem Geld spielen und sich dann Investoren nennen."
Den Sozialdemokraten und Sozialisten missfällt an Junckers Plänen, dass insgesamt nicht genug Geld in die Hand genommen wird und dass es kein wirklich 'frisches' zusätzliches Geld ist.
Der Vorsitzende der Fraktion, Gianni Pitella betonte in der Debatte, dass es den Sozialdemokraten zu verdanken sei, dass es dieses Investitionspaket jetzt immerhin überhaupt gäbe.
Der Vorsitzende der liberalen Fraktion Guy Verhofstadt appellierte an die 28 EU-Länder jetzt schnell grünes Licht für Junckers Pläne zu geben und ihrerseits in den Investitionsfonds einzuzahlen.
"Wenn die 28 Länder mitmachen würden, dann hätten wir eine deutlich höhere Summe im Fonds für Risiko-Garantien als die jetzt geplanten 21 Milliarden Euro."