Euroland – Pleiteland? Hintergründe zur Schuldenkrise

Moderation: Dieter Kassel · 16.07.2011
Kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften zur europäischen Schuldenkrise. Verbraucher und Sparer sind verunsichert: Erst Griechenland, Portugal, Irland, nun Italien – wer ist der nächste? Was wird aus "unserem Euro"? Welche Rolle spielen die Banken, welche die Ratingagenturen? Wer verliert, wer profitiert von der Schuldenkrise? Ist der Euro noch zu retten?
"Wir haben keine Euro-Krise. Es gibt eine neue Bankenkrise", sagt der Finanz- und Wirtschaftsexperte Max Otte. Der Professor für internationale und allgemeine Betriebswirtschaft an den Universitäten in Worms und Graz gehört zu den Euro-Skeptikern. In seinem Buch "Der Crash kommt" prognostizierte er bereits im Sommer 2006 die internationale Finanzkrise und ihre Auswirkungen, im August erscheint seine neue Streitschrift "Stoppt das Euro-Desaster!". Darin wettert er unter anderem gegen die "Rettungsdemagogie" europäischer Politiker:

"Unser Geld geht nicht nach Griechenland, Irland oder Portugal – nein, es fließt wieder an die Banken, die sich ein weiteres Mal verzockt haben, diesmal mit griechischen Anleihen. Nutznießer der Rettungspakete sind wieder einmal Investmentbanken und Superreiche. Und Europa wird durch diesen Wahnsinn schon gar nicht gerettet. Im Gegenteil, es wird zum Nutzen der Finanzoligarchie, der sich die Politik bereitwillig unterworfen hat, auseinanderdividiert."

Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht in Europa könne durchaus den Retter spielen, sinnvoll sei es jedoch nicht:

"Das ist alles noch tragbar, solange wir in Deutschland sagen, wir spielen das Spielchen mit, kann das noch zwei, drei Jahre so weitergehen – kein Problem. Griechenland liegt bei rund 200 Milliarden Euro, die mit insgesamt 350 Milliarden verschuldet sind. Das könnte Deutschland locker stemmen. Aber wir stützen ein krankes System, wie stützen die Finanzoligarchie, wir sorgen damit nur dafür, dass sich die Schuldenspirale weiterdreht. Das ist Politik gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger! Wir höhlen den Euro von innen aus, das bedroht unsere innere Stabilität."

Der Anlageberater plädiert für einen Schuldenschnitt:

"Hätten wir einen Schuldenschnitt gehabt, wäre der ganze Spuk mit Griechenland schnell vorbei gewesen, und die Welt müsste sich mit dem wahren Problem beschäftigen, mit den USA. Ich glaube auch nicht, dass der Schuldenschnitt eine Katastrophe für Europa wäre. Im Gegenteil: Er wäre Chance auf eine Neubesinnung."

"Euroland – Pleiteland? Hintergründe zur Schuldenkrise"

Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr gemeinsam mit dem Finanzwissenschaftler Max Otte. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 – 2254 2254, per E-Mail unter
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Der Finanz- und Wirtschaftswissenschaftler Max Otte.
Der Finanz- und Wirtschaftswissenschaftler Max Otte.© Max Otte
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