EU-Kommission und digitaler Binnenmarkt

Quotenregelung für Netflix und Co.

Eine Fernbedienung ist auf einen Fernseher gerichtet.
Die EU-Kommission will mehr heimische Produktionen bei Streamingdiensten sehen. © Robert Schlesinger, dpa picture-alliance
Von Thomas Otto · 25.05.2016
Filmdienste wie Amazon Prime und Netflix sollen in der EU künftig 20 Prozent europäische Filme anbieten, zudem soll der Internethandel in der EU vereinfacht werden. Das sind Forderungen der EU-Kommission, die ein Paket zum Digitalen Binnenmarkt geschnürt hat. Das Paket wird nun von Parlament und Rat diskutiert.
Es ist ein Rundumschlag durch den digitalen Binnenmarkt, das Paket mit Vorschlägen, die die Kommission heute vorgestellt hat. Sie alle zusammen sollen dafür sorgen, dass auf dem digitalen Markt der Dienste und Waren für alle EU-Bürger gleiche Regeln herrschen. Davon sind wir momentan weit entfernt, wenn beispielsweise ein Mietwagen im Urlaub über das Internet bestellt mehr kostet, als vor Ort im Urlaubsland.
Ansip: "Wir schlagen eine Pflicht für Unternehmen vor, zu verkaufen wie in ihrem Heimatland. Konsumenten aus anderen EU-Ländern müssen wie Inländer behandelt werden. Die Pflicht, wie im Inland zu verkaufen heißt aber keine Pflicht überall hin zu liefern."
… erklärte Vizekommissionspräsident Andrus Ansip, der für den Digitalen Binnenmarkt zuständig ist. Bei Verbraucherschützern stößt das auf großen Beifall, auch wenn Augustin Reyna vom europäischen Verbraucherverband BEUC sich mehr gewünscht hätte.
Reyna: "Das ist definitiv ein wichtiger Schritt. Aber es werden nicht alle Probleme davon abgedeckt, zum Beispiel wenn es zu digitalen Produkten wie Musik oder Filmen kommt. Man kann immer noch nicht bei einem ausländischen Anbieter ein Abo abschließen, um Sportübertragungen zu sehen. Das muss noch angegangen werden, aber für den Internethandel ist es ein wichtiger Schritt."
Außerdem will die Kommission die ihrer Ansicht nach zu hohen Gebühren für den Paketversand ins Ausland prüfen und mehr Preistransparenz schaffen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Kommissionsvorschläge sind die audiovisuellen Mediendienste – also Fernsehanbieter und deren Konkurrenz im Internet. Streaminganbieter wie Amazon Prime oder Netflix sollen in Zukunft eine Quote von 20 Prozent europäischer Produktionen anbieten müssen, erklärte Digitalkommissar Günter Oettinger:
"Wir glauben, dass man europäische Filmkultur in den Programmen, die europäische Bürger sehen können und hören können auch anteilig abgebildet haben sollte. Das ist eine indirekte Form der Förderung des europäischen Films. Und wir halten zwanzig Prozent für sehr maßvoll. Das heißt ja, bis zu achtzig Prozent können auch nicht-europäische Produkte bei uns platziert werden."

Für Fernsehanbieter wird sich etwas ändern

Die angesprochenen Streaminganbieter halten davon erwartungsgemäß wenig. Maud Sacquet vom Lobbyverband CCIA, der neben Netflix und Amazon auch Facebook und Google vertritt, wendet ein:
"Wir sind der Meinung, dass kulturelle Quoten veraltet sind. Sie helfen weder Konsumenten, noch Produzenten. Es gibt damit keinen Anreiz, in die Produktion zu investieren. Das Gute am Videomarkt ist, dass man sich auf Qualität fokussieren und dann besser exportieren kann. Das Paket der Kommission bietet dafür keinen Anreiz."
Zumindest soll es die Streamingdienste dazu bringen, mehr zu investieren, indem sie in Zukunft in nationale Filmförder-Fonds einzahlen müssen. Und das abhängig vom Umsatz im entsprechenden Land. Wieviel genau die Firmen dann einzahlen sollen, liegt dann an der Ausgestaltung der Mitgliedsstaaten.
Auch für die klassischen Fernsehanbieter wird sich einiges ändern. So sollen die Regeln für Werbung und Produktplatzierung gelockert werden. Videoplattformen wie Youtube sollen den Jugendschutz stärken und dafür eine Selbstverpflichtung abgeben.
Das Paket zum Digitalen Binnenmarkt wird nun von Parlament und Rat diskutiert. Dann müssen sich beide Institutionen auf gemeinsame Regeln einigen.

Die EU Kommission möchte Lockerungen beim Geoblocking durchsetzen. Was soll sich ändern, was bleibt so wie es ist? Und können europäische "Filme auf Befehl" qualitativ noch gut sein? Über diese und andere Fragen hat Jörg Taszman mit Nicole Dittmer und Julius Stucke im "Studio 9" gesprochen.
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