"Ethical Butcher"-Bewegung

Wenn Vegetarier aus Tierliebe zu Metzgern werden

04:26 Minuten
Das Bild zeigt zwei Ferkel.
"Wir wollen, dass sie sehen, was wir tun." Für den Metzger Jason Fox ist Transparenz gegenüber den Kunden oberstes Prinzip (Symbolbild). © imago / Noah Wedel
Von Antje Passenheim · 24.04.2021
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Das ganze Tier verwenden, nicht nur die Filetstücke. Kein Fleisch aus industrieller Tierhaltung oder Schlachtung. Nach diesen Grundsätzen arbeiten die "Ethical Butcher" in den USA. Manche der Metzger mit Moral sind selbst Vegetarier oder waren es.
Früher wurde von Hand gesägt, sagt Jason Fox. "Aber das ist ganz schön anstrengend."
In einer altmodischen rasselnden Schürze aus Metallketten steht er hinter der Ladentheke an einem Holztisch. Es fühle sich niemals gut an, ein Tier zu zerlegen, sagt Jason Fox.

Der Kühlraum - ein furchterregender Ort

"Wir ehren das Tier, indem wir jedes Teil von ihm verwerten und nichts davon geht in den Abfall. Wir nutzen, was wir können", erläutert Fox im Kühlraum zwischen Rinderbeinen und Schweinehälften. Es sei ein furchterregender Ort, findet der Metzger mit dem grünen Spargeltattoo auf dem Unterarm. Denn eigentlich war er Vegetarier. 16 Jahre lang: "Ich habe immer Tiere geliebt. Ich dachte, ich könnte sie ehren, indem ich sie nicht esse."
Wie sein Mann Kevin Haverty protestierte Fox gegen die Massenfleischindustrie. Doch irgendwann wurde beiden klar: Nur, weil sie selbst keine Tiere essen, bringen sie keinen einzigen Konsumenten davon ab, Fleisch aus der Massenzucht zu kaufen. Sie gingen in die Offensive. Der Fotograf und der Kameramann wurden Metzger. Zwei ehemalige Vegetarier, die jetzt zwei Metzgereien haben.

Das ganze Tier wird verwendet, nicht nur die Filetstücke

Doch die Fleischerei "Hudson and Charles" in New Yorks aufgeklärtem West Village ist keine gewöhnliche. "Ethische Metzger" nennen sich die beiden Chefs. Sie wollen ihren Kunden eine Alternative zum Fleisch im Supermarkt geben. Fleisch, von dem sie nicht wüssten, wo es herkommt:
"Aus China, Brasilien, dem Mittleren Westen, wo die Tiere nicht das zu essen bekommen, was sie sollten", betont Fox.
Das Weidefleisch von "Hudson and Charles" hingegen stammt von Tieren, die artgerecht gehalten wurden. Geschlachtet wird lediglich in kleinen Familienbetrieben, und zwar immer nur so viele Tiere, wie auch verkauft werden können - nach dem "Whole Cow"-Ansatz: alles, was ein Tier hergibt und nicht nur die Filetstücke. Kunden bekommen schon mal einen Korb:
"Wir sagen oft Nein zu unseren Kunden. Amerikaner denken, der Kunde hat immer recht. Aber wir sagen ehrlich: Das können wir nicht für dich tun."

"Wir wollen, dass die Kunden sehen, was wir tun"

Dafür bekommen Kunden Tipps, wie sie bestimmte Dinge verwerten können. Sie bekommen Rezepte und Transparenz: "Auf unserm Tisch hinter der Ladentheke zerlegen wir alle Tiere vor den Augen unserer Kunden. Denn wir wollen, dass sie sehen, was wir tun."
Ein Metzger mit Moral sei eine grundehrliche Haut, sagt Fox. Er lebe damit, dass der Tod zu seinem Geschäft gehört. Das könne ihm niemand abnehmen. Aber er selbst könne es besser machen. Die Kunden schätzen es. So sehr, dass die beiden Ex-Vegetarier bereits ihre dritte Filiale planen. Die Bewegung der ethischen Metzger wächst. Allein in New York gibt es bereits zwölf.
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