"Es ist richtig, dass wir in Nordafrika vor einem Dilemma stehen"

12.01.2011
Alexander Graf Lambsdorff, liberaler Europa-Abgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik, hat die Hoffnung, dass die aktuellen Proteste und Demonstrationen in Tunesien neue Chancen für das Land und für ganz Nordafrika mit sich bringen.
Eigentlich seien die Ereignisse ja ermutigend - "dass sich die Bevölkerung in Tunis auflehnt, zeigt ja, dass die Angst vor dem Regime abgenommen hat", sagte Graf Lambsdorff. Denn in Tunesien, Algerien oder Libyen gebe es "im Normalfall keine Demonstrationen".

In Nordafrika regierten derzeit viele alte Herrscher "bei grundsätzlich sehr junger Bevölkerung". Die Länder seien also in einer entscheidenden Phase. Der Europa-Politiker sagte: "Ich glaube, dass in allen diesen Länder die zentrale Frage der Machtübergang ist - und es sieht niemand einen legitim organisierten Machtübergang. Und das trägt zu der Frustration bei."

Der Einfluss der EU auf ein Nachbarland wir Tunesien hielt er allerdings für begrenzt. "Es ist richtig, dass wir in Nordafrika vor einem Dilemma stehen als Europäer", sagte Graf Lambsdorff.

Und weiter: "Die säkularen Regierungen, also die, die nicht islamistisch sind, sind uns natürlich im Prinzip lieber als islamistische Regierungen iranischen Zuschnitts (…). Dass diese Regierungen uns dennoch nicht zufriedenstellen können, was demokratische Standards und Grundfreiheiten angeht, ist auch klar. Aus diesem Dilemma heraus kommen wir nur, wenn wir kontinuierlich und vernünftig mit diesen Ländern arbeiten und insbesondere mit der Zivilgesellschaft."


Das vollständige Gespräch mit Alexander Graf Lambsdorff können Sie bis zum 12.06.2011 als
[url=http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2011/01/12/drk_20110112_1751_dcb7fea6.mp3
title="MP3-Audio" target="_blank"]MP3-Audio[/url] in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.