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Neuer Modetrend
In der Masse untergehen

Der Supertrend der letzten Jahre war eindeutig der Hipster: Vollbart, Röhrenjeans, Vintage-Brille und ein ausgefallener Musikgeschmack - möglichst das, was sonst kein Mensch kennt. Hauptsache: Individuell. Er stellte sich bewusst gegen die breite Masse. Jetzt scheint sich dieser Trend ins Gegenteil zu verkehren.

Von Ina Plodroch | 10.04.2014
    Zuschauer warten am 20.02.2014 in der Jahrhunderthalle in Frankfurt/Main (Hessen) auf den ersten Song des Konzerts der US-amerikanischen Band One Republic (Aufnahme mit gedrehter Kamera während der Belichtung).
    Die neue Mode: keine Mode. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Unförmige Capy? Voll im Trend. Fleece-Pulli? Auch. Ausgewaschene Bluejeans von C&A? Trend. Trekking-Sandale mit weißer Socke? Trend. Bequeme Kleidung? Trend. In der Masse untergehen? Der letzte Schrei.
    Ein britisches Stylemagazin meint: Fleetwood Mac ist der Soundtrack zum neuen Trend. Und der heißt Normcore. Hardcore normal oder: Der Normalste ist der Coolste. Steve Jobs, Adam Sandler und jeder zweite auf der Straße? Trendsetter. Die neue Mode: keine Mode. Das beste aber:
    "Normcore ist der Weg zu einem friedlicheren Leben."
    Nerviger Individualisierungswahn der Hipster
    Verspricht die New Yorker Trend Agentur K-Hole in ihrem Bericht "Youth Mode". Der Individualisierungswahn der Hipster ging ihnen auf die Nerven. Deshalb haben sie diesen Anti-Trend erfunden.
    Dena Yago: "Wir glauben, dass sich regelmäßig Trends entwickeln, die wie ein Anti-Trend oder eine Anti-Mode sind. Ich denke dieses Gerede über Normcore als Anti-Trend macht es zu einem Trend. Es ist Trend nicht trendy zu sein."
    Meint Dena Yago von K-Hole. Vintage-Brille, Röhrenjeans und Vollbart? Gibt's nicht mehr. Sich von der Masse abheben war gestern. Heute ist alles Trend und der Trend an sich ist Out. Für K-Hole ist Normcore aber auch ein soziologisches Thema.
    "Normcore ist für uns mehr als nur das weiße T-Shirt und die Capy. Es eröffnet Wege, um mit unterschiedlichen Leuten zu sprechen, in unterschiedlichen Situationen und Zeiten und sich nicht einfach abzuschotten."
    Eigener Normcore-Fashion-Trend
    Der Hipster muss nicht länger auf irgendwelchen Geheimkonzerten rumhängen, sondern darf endlich auch mal mit zum Public Viewing gehen. Na super. Diese Idee interessiert aber nicht mehr, die Medien haben sich ihren eigenen Normcore-Fashion-Trend zu recht geschrieben.
    "Es ist total interessant zu sehen, wie etwas, was wir in die Welt gesetzt haben, wächst und sich zu etwas komplett anderem entwickelt."
    Eine Fashion-Seite gibt Kauftipps, wo es die beste, also normalste, Normcore Kleidung zu kaufen gibt, der Blog Gawker fragt "Ist Obama zu Normcore, um Putin zu besiegen?" und der "Das-Beste-Aus-dem-Noreden"-Sender findet in der Provinz die Normcore-Hochburg. Nur dass dort keiner was davon weiß. Und die New York Times fragt: Mode-Bewegung oder nur Insider-Witz? Dena Yago glaubt:
    "Es ist beides, denke ich. In all unseren Berichten haben wir einen gewissen Humor, aber es war nie ein Witz."
    Ob es Normcore wirklich gibt? Na klar, normal laufen schließlich die meisten rum. Vielleicht ist der Anti-Trend aber auch schon wieder vorbei, bevor die Hipster ihren Normalo-Look auspacken konnten: Pharell Williams bringt in diesen Tagen eine Kollektion mit dem Slogan "I am other" raus. Ich bin anders. Normal ist das nicht mehr.