Eröffnung der Musikfestspiele Saar

Stanis-Love

Der Dirigent Stanisław Skrowaczewski
Der Dirigent Stanisław Skrowaczewski © Toshiyuki Urano/Intermusica
06.03.2015
Wo dieser Dirigent auch auftritt, erhalten die Konzerte eine besondere Aura. Stanisław Skrowaczewski ist 91 Jahre alt. Unermüdlich absolviert er Gastspiele in Europa, Japan und Amerika. Heute bringen wir eine Aufnahme mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern. Mit diesem Konzert begannen die Musikfestspiele Saar 2015.
Im Kattowitz und Breslau der Nachkriegszeit begann die Karriere des jungen Dirigenten Stanisław Skrowaczewski. Der aus Lemberg stammende Musiker begann bald eine Weltkarriere und entschloss sich zur Flucht aus dem kommunistischen Polen. In Minneapolis fand er einen neue Heimat. Dort machte er das bekannte Orchester der Stadt zu einem der besten der Vereinigten Staaten.
Seine Kontakte nach Old Europe rissen nie ab. Besonders in West-Deutschland war er häufig zu Gast. Seit den 80er Jahren ist er dem ehemaligen RSO Saarbrücken, das mit dem Rundfunkorchester Kaiserslautern zur Deutschen Radiophilharmonie fusionierte, besonders eng verbunden. In der Hauptstadt des Saarlandes liebt man diesen Dirigenten wie keinen zweiten - dort nennt man ihn liebevoll "Stanis-Love".
Da die Musikfestspiele Saar 2015 sich thematisch besonders der polnischen Klangkultur widmen, lag es nahe, Stanisław Skrowaczewski und seine Lieblingspianistin Ewa Kupiec mit der Gestaltung des Eröffnungskonzerts des Festivals zu betrauen. Polnischer kann ein Programm nicht sein, und auch nicht authentischer. Denn den Abend leitet ein eigenes Werk Skrowaczewskis ein. Seine Passacaglia Immaginaria ist ein sehr aussagekräftiges Werk, was die künstlerische Persönlichkeit ihres Schöpfers anbelangt: Sie ist düster wie vieles, was er erleben musste, zugleich erhaben und optimistisch wie sein unschlagbar jugendlicher Geist. Aber diese Passacaglia hat auch starke musikalische Eigenschaften: Sie ist formvollendet traditionell und zugleich klassisch-modern.
Den zweiten polnischen Komponisten im Programm - Witold Lutosławski - hat Skrowaczewski persönlich gut gekannt. Nicht verstehen kann er bis heute dessen Skepsis gegenüber seinem bekanntesten Werk - dem Konzert für Orchester. Dieses Stück à la Béla Bártok, das den Konzertabend beschließt, hat Lutosławski selbst nicht mehr sonderlich gemocht, weil er danach gänzlich andere Wege beschritten hat. Zu sehr erinnerte ihn dieses Stück an die Phase des sozialistischen Realismus, den mitzumachen der junge Komponist nach dem Kriegsende gezwungen war.
Und das Solokonzert in diesem Programm ist - natürlich - eines der beiden Klavierkonzerte von Chopin. Eines von zwei genialen Werke eines Teenagers, der bald darauf seine Heimat für immer verlassen musste. Wie auch die Musik der anderen beiden polnischen Komponisten ist die Frédéric Chopins gar nicht so sehr polnisch, sondern vor allem europäisch. In diesen Klängen steckt mindestens genauso viel Bach und Beethoven, Bellini und Berlioz wie in der von Schumann oder Tschaikowsky. Das zu zeigen fällt den beiden polnischen Weltbürgern Stanisław Skrowaczewski und Ewa Kupiec gar nicht schwer.
Kongresshalle Saarbrücken
Aufzeichnung vom 28. Februar 2015
Eröffnungskonzert der Musikfestspiele Saar
Stanisław Skrowaczewski
Passacaglia Immaginaria
Frédéric Chopin
Konzert für Klavier und Orchester e-Moll op. 11
Witold Lutosławski
Konzert für Orchester
Ewa Kupiec, Klavier
Deutsche Radio-Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern
Leitung: Stanisław Skrowaczewski