Ermittlungsfall "Zentrum für Politische Schönheit"

Offener Brief fordert offizielle Entschuldigung

07:01 Minuten
Das "Denkmal der Schande", ein verkleinerter Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals, ist am 22.11.2017 in Bornhagen im Eichsfeld (Thüringen) in Sichtweite des Grundstücks von AfD-Politiker Höcke zu sehen.
Das "Denkmal der Schande", ein verkleinerter Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals in Sichtweite des Grundstücks von AfD-Politiker Höcke, führte zu den Ermittlungen. © dpa / Swen Pförtner
Shermin Langhoff im Gespräch mit Marietta Schwarz · 11.04.2019
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Auch nach Einstellung der Ermittlungen gegen die Künstlergruppe "Zentrum für Politische Schönheit" gibt es Protest. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehört Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters. Sie fordert, den Vorfall aufzuarbeiten.
"Es ist ein unglaublicher und erstmaliger Vorgang seit 1951", sagt Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters in Berlin. Sie ist nach wie vor empört, dass für die Ermittlungen gegen das "Zentrum für Politische Schönheit" der Paragraf 129 angewendet wurde.
Der Paragraf sei "für kriminelle Vereinigungen, für terroristische Netzwerke und mafiöse Bande. Es ist das schärfste Mittel, das man ergreifen kann" und es sei "in keinster Weise gerechtfertigt", ihn bei einer Künstlergruppe anzuwenden, so Langhoff: "Was nicht heißt, dass man Künstler nicht strafrechtlich oder zivilrechtlich belangen kann, sofern diese das Recht brechen, aber das muss keineswegs nach diesem Paragrafen passieren."

Politik soll sich entschuldigen

In dem offenen Brief, der auch als Petition im Internet veröffentlicht wurde, wird eine "offizielle Entschuldigung der politisch Verantwortlichen" gefordert sowie "eine Erklärung, dass strafrechtliche Ermittlungen, die offensichtlich den Kernbereich der Kunstfreiheit berühren, in Zukunft unterbleiben".
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt und diese eingestellt. Auslöser der Ermittlungen war die Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals, die die Gruppe in Nachbarschaft des Wohnhauses von AfD-Politiker Björn Höcke im thüringischen Bornhagen im November 2017 aufgestellt hatte.

Kunstfreiheit muss geschützt werden

"Wir reden von einem Eingriff in einen Kernbereich unseres Grundrechts auf Kunst und Meinungsfreiheit", sagt Langhoff. Es könne nicht sein, dass AfD-Politiker Björn Höcke sagt, die Gruppe müsse wegen einer kriminellen Vereinigung geahndet werden, und vier Tage später eröffne ein Staatsanwalt die Ermittlungen dazu, so Langhoff:
"Es haben sich auch sehr viele auch konservative Juristen zu Wort gemeldet in den vergangenen Tagen und waren fassungslos – genauso wie wir Laien –, dass das möglich ist in unserem Land, wo wir erst mal nicht davon ausgehen, dass die Kunst bedroht ist."
Zu den Erstunterzeichnern des offenen Briefs gehören viele Prominente aus dem Kultur-, Musik- und Medienbereich, unter anderem Herbert Grönemeyer, Jan Böhmermann, Deniz Yücel, Sibylle Berg, Katja Riemann, Robert Menasse oder Klaas Heufer-Umlauf. Auch Politiker wie Cem Özdemir und Katja Kipping stehen auf der Unterzeichnerliste.
(nho)
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