Ermittlungen gegen "Zentrum für Politische Schönheit"

Verdacht der Befangenheit gegenüber Thüringer Staatsanwalt

11:02 Minuten
Morius Enden und Jenni Moli, Mitglieder des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit, stehen am 22.11.2017 in Bornhagen im Eichsfeld (Thüringen) in einem verkleinerten Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals in Sichtweite des Grundstücks von AfD-Politiker Höcke.
Morius Enden und Jenni Moli vom "Zentrum für Politische Schönheit": Sollte der Nachbau des Holocaust-Mahnmals in Sichtweite des Hauses von Björn Höcke (AfD) wirklich ein Fall für die Staatsanwaltschaft sein? © picture alliance / Swen Pförtner
Benjamin-Immanuel Hoff im Gespräch mit Vladimir Balzer · 06.04.2019
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Der thüringische Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hält den Staatsanwalt, der gegen das "Zentrum für Politische Schönheit" ermittelt, für befangen. Trotzdem solle man das Weisungsrecht zurückhaltend einsetzen.
Martin Zschächner ist Staatsanwalt in Gera und ermittelt gegen die Künstlergruppe "Zentrum für Politische Schönheit" wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ausgangspunkt der Vorwürfe war die satirische Ankündigung der Künstler, den AfD-Politiker Björn Höcke zu beobachten.

Ist der Staatsanwalt befangen?

Jetzt steht die Frage im Raum, ob Staatsanwalt Zschächner befangen ist. Ihm wurde nach Recherchen von "Zeit-Online" eine Spende an die AfD nachgewiesen. Der thüringische Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff sieht diese Befangenheit durchaus:
"Wenn dem betreffenden Staatsanwalt seine Grundprinzipien, denen er verpflichtet ist, bewusst sind, dann müsste er eigentlich von sich aus die Tätigkeit an diesem Ermittlungsverfahren einstellen."
28.03.2019, Thüringen, Erfurt: Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke), Thüringens Staatskanzleichef, sitzt im Plenarsaal während der Landtagssitzung. Thüringens Landtag beschäftigt sich an diesem Tag mit der dritten Runde der Gemeindefusionen und mit der Anhebung der Beamtenbesoldung. Auch eine Änderung des Waldgesetzes liegt dem Parlament vor. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke)© ZB

Vorsicht mit dem Weisungsrecht

Es zeige sich die Fragwürdigkeit des Ermittlungsverfahrens insgesamt, meint Hoff. Jetzt aber dem Staatsanwalt das Verfahren einfach zu entziehen, sei auch keine Lösung. Das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber der Staatsanwaltschaft solle sehr zurückhaltend eingesetzt werden, so der Linken-Politiker:
"Jedes Prinzip, das ich jetzt in Anschlag bringe, kann auch bei politisch anderen Vorgängen und bei politisch anders orientierten Justizministern, sich in anderer Weise darstellen."

Vielleicht bringt öffentlicher Druck Vernunft

Er setze eher darauf, dass der öffentliche Druck die beteiligten Personen zur Vernunft bringt, meint der Minister. Verheerend sei allerdings die Wirkung des gesamten Verfahrens auf politisch nicht konforme Kunst:
"Hier werden zwei unangenehme Eindrücke erweckt. Zum einen, dass bei politisch aktiven Künstlerinnen und Künstlern sehr schnell eine Kriminalisierung vorgenommen wird."
Zum anderen könne er dann nicht mehr glaubwürdig Demokratidefizite in anderen Staaten anprangern.
"Genau vor diesem Hintergrund schaue ich auf die öffentliche Wirkung hinsichtlich der Unabhängigkeit und Freiheit von Kunst, die im Grundgesetz geregelt ist", sagt Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff.
(beb)
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