Erika Johansen: "Die Königin der Schatten – Verbannt"

Männer sind nur Beiwerk

Buchcover Erika Johansen: "Die Königin der Schatten - Verbannt"
Buchcover Erika Johansen: "Die Königin der Schatten - Verbannt" © Heyne Verlag / dpa / Combo: Deutschlandradio
Von Elena Georgis · 28.06.2017
Eigentlich spielen im Fantasy-Genre stets die Männer die Hauptrolle. Doch in Erika Johansens Trilogie "Königin der Schatten" sind es Frauen, die die Welt retten. Ihr wilder Genre-Mix ist auch ein feministischer Coming-of Age-Roman.
Erika Johansens Trilogie "Königin der Schatten” beginnt als klassische Fantasy-Geschichte: Die 19-Jährige Kelsea Glynn wächst ohne Eltern in einem Häuschen im Wald auf, um mit 19 Jahren rechtmäßige Königin des Reiches Tearling zu werden. Auf dem Thron angekommen, muss sie sich nicht nur ihren Feinden innerhalb des korrupten Reiches stellen, sondern auch einem äußeren Feind: der Roten Königin vom Nachbarland Mortmesne.
Das Ganze spielt, typisch für High-Fantasy-Romane, in einer Welt, die der Renaissance ähnlich ist, Elektrizität und Technik gibt es nicht, dafür aber Pferde, Burgen und Männer, die mit Schwertern kämpfen.
Doch Erika Johansen ist eine Autorin, die bewusst mit einer wichtigen Genre-Regel bricht. Denn obwohl es in der Fantasy schon immer starke Frauenfiguren gab, sind es doch die Männer, die die Hauptrolle spielen und in der ersten Reihe in die Schlacht reiten.
Bei Johansen ist das genau umgekehrt: Männer sind in dieser Geschichte nur schmückendes Beiwerk, es sind die Frauen, die die Welt retten müssen.

Die Apokalypse naht

Spätestens mit Band zwei war klar, dass Erika Johansen die Grenzen der High-Fantasy weit hinter sich lässt. "Königin der Schatten - Verflucht” ist ein wilder Genremix, auch Science Fiction ist im Spiel.
Die Apokalypse naht und die Menschheit such in einer Zeitreise die Lösung für ihre Probleme: Mit Hilfe von Magie gründen sie in einer unbefleckten Vergangenheit das Königreich Tearling als technikfreies Utopia. Nur leider hat sich die Utopie inzwischen erneut in einen Albtraum verwandelt.
Kelsea Glynn muss in der Vergangenheit wühlen und den Grund dafür finden, warum alles schiefgegangen ist. Ist es tatsächlich wie beim Schmetterlingseffekt, dass ein kleiner, unbedeutender Moment über Wohl und Weh der Welt entscheidet? Bei ihrer Suche in der Vergangenheit begegnet sie Frauen, deren Schicksale mit dem ihren verbunden sind: Frauen, die genau wie sie über sich hinauswachsen und Verantwortung übernehmen.
Eine dieser Frauen ist Kelseas Gegenspielerin, die Rote Königin, und die lernt Kelsea in Band drei - "Königin der Schatten – Verbannt" - endlich kennen. Ist die Rote Königin wirklich die böse Hexe, für die sie alle halten? Ist Kelsea als Frau in einer Führungsposition nicht inzwischen selbst durch die Macht korrumpiert worden? Wird sie über Leichen gehen, um ihr Königreich zu retten - oder will sie die Utopie retten?

Feministischer Coming-of Age-Roman

Damit ist diese über drei Bände hinweg in rasantem Tempo erzählte Geschichte nicht nur ein fesselndes Fantasy-Abenteuer, sondern auch ein feministischer Coming-of Age-Roman.
Seit drei Jahren heißt es, Warner Brothers will die Trilogie verfilmen lassen, mit Harry-Potter-Regisseur David Heyman als Produzent und Hermine-Darstellerin Emma Watson in der Hauptrolle. Konkret sind diese Pläne bisher nicht. Vielleicht ist Hollywood noch nicht bereit für einen Film, in dem Männer nur Nebensache sind.

Erika Johansen: "Die Königin der Schatten – Verbannt"
Aus dem Amerikanischen von Sabine Thiele
Wilhelm Heyne Verlag, München 2017
608 Seiten. 14,99 Euro

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