Erfolgreich aufgerappelt

Von Bettina Ritter · 04.01.2010
Ein Hit, ein Album, eine Tour, und dann in Vergessenheit geraten: So verlaufen nicht wenige Popstar-Karrieren. Wenige rappeln sich wieder auf, erfinden sich neu und werden damit sogar erfolgreich. Malakoff Kowalski ist das gelungen.
Mitte der 2000er Jahre war er ein Teil des Hamburger Deutsch-Hip-Hop-Duos "Jansen und Kowalski". 2006 löste sich die Gruppe auf, Kowalski hatte ein dickes Minus auf dem Konto und eine gähnende Leere vor sich. Nach einem Umzug nach Berlin und einem musikalischen Selbstfindungsprozess macht er heute kompromisslos seine ganz eigene Musik.

Kowalski: "Ich hatte eine Band. Jansen und Kowalski. Und hab da fürchterliche Musik gemacht, wie ich finde."

Jansen und Kowalski, deutscher Hip-Hop, Titel "Geil": "Alles, was gefällt, ist gut, gut ist, was den Leuten gefällt (wie geil ist das denn), jeder muss machen, was er tut (wie geil ist das denn), es wird immer geiler und explodiert."

Kowalski: "Ich hab’ einfach schlechte Musik gemacht. Wirklich grauenhaftes Zeug. Vor allem auch schlechte Texte geschrieben und gesungen."

So etwas will er nie wieder machen, sagt Malakoff Kowalski und rückt die dunkelbraune Helmut-Schmidt-Gedenkmütze auf seinem kahl rasierten Kopf zurecht. Ganz in schwarz gekleidet sitzt der schlanke 30-Jährige in seinem Musik-Studio in Berlin-Kreuzberg. In der großen, hellen Wohnung wohnt er auch, zusammen mit seiner Freundin, einer Journalistin.

Kowalski: "Dieses kategorische Ablehnen ist wichtig. Dadurch definiere ich mich. Hätte ich damals nicht so rabiat ins Klo gegriffen, hätte ich das Ding nicht so komplett an die Wand gefahren, was meine eigenen Maßstäbe angeht, dann würde ich wahrscheinlich jetzt auch nicht so bedingungslos hinter dem stehen, was ich tue. Das ist jetzt kein Projekt mehr, was ich hier mache. Das bin ich jetzt."

Musik:

"Barfuß oder Lackschuh, alles oder nichts. Leg ich mir nen Frack zu oder komm ich vor Gericht. Barfuß oder Lackschuh, so geht es bei mir zu. Nie die goldne Mitte, immer volles Risiko."

Vor vier Jahren ging Kowalskis erste Musik-Karriere in die Brüche. "Jansen und Kowalski" hatten einen Hit, gerade ein Album veröffentlicht und standen vor ihrer ersten Tour.

Dann gab es Streit, das Management stieg aus und Kowalskis Vater starb. Das war zu viel. Das Duo sagte die Tour ab und löste sich auf.

Kowalski: "Ich war total verwirrt zu dieser Zeit. Ich hatte den Kopf voll mit Promo, mit Konzerten, mit Verhandlungen, mit Geschäften. Leider nicht mit Musik, sondern mit allem, was drum herum passiert, aber nicht mit Musik selbst. Und ich hab’ mir damals nicht deutlich gemacht, dass so ne Krankheit tödlich endet. Er hatte Multiple Sklerose, MS. Hätt’ ich mal machen sollen."

Seinem Vater ist Kowalski bis heute dankbar. Er war es, der dem 13-Jährigen damals seine erste E-Gitarre samt Verstärker kaufte. Nicht selbstverständlich für einen Sohn persischer Einwanderer. Die hätten es gern gesehen, dass er Arzt, Anwalt oder Ingenieur geworden wäre, sagt Kowalski, der eigentlich Aram Pirmoradi heißt.

Kowalski: "Irgendwann mit 15, 16 hatte ich nen Auftritt mit ner Schülerband und an diesem Tag hatte sich viel ergeben für uns, und ich war völlig überwältigt davon, was auf einmal passieren kann, wenn man so ein gutes Konzert spielt. Da habe ich meinem Vater gesagt: Ich werd Musiker, die Sache ist klar. Und von diesem Tag an – ich war da ja noch in der Schule – haben mich meine Eltern sehr dabei unterstützt."

Musik "Das Herz eines Seemanns":
"Ich hab das Herz eines Seemanns, überall und nirgendwo zuhaus. In Amerika geboren und nach Deutschland abgehauen. Meine Eltern sind Perser, rede Hamburger Slang, …. ich find’s hier ganz schön eng."

Kowalskis Eltern - die Mutter Pianistin, der Vater Bauingenieur - flüchteten in den 70er Jahren vor den Mullahs aus dem Iran in die USA. Beide gehörten der verfolgten Religion der Bahai an. 1979 wurde Kowalski in Boston geboren.

Im selben Jahr zog die Familie nach Hamburg, wo er aufwuchs und bis vor zwei Jahren lebte. Dann der Umzug nach Berlin. Noch immer hat er drei Pässe: den deutschen, den persischen und den amerikanischen. In der Heimat seiner Eltern war Kowalski jedoch noch nie.

Kowalski: "Es ist als Bahai nicht so richtig. Du weißt nicht richtig, steht dein Name in irgendeiner Liste, es ist keine große Sache, dich verschwinden zu lassen, und dann bist du erstmal weg für ne Weile. So lange sich da nichts ändert, werde ich da nicht hinreisen. Vielleicht mit ’nem Kamerateam, so ne Art Portrait-Dokumentation. Da werden sie sich wahrscheinlich vor hüten, das wäre international, medial wahrscheinlich zu kompliziert, so nen Typen verschwinden zu lassen."

Der Film fasziniert Kowalski. Seit einiger Zeit ist er mit dem legendären Münchner Filmemacher Klaus Lemke befreundet. Einer der radikalsten Künstler, die er kenne. Für dessen Low-Budget-Filme mit Laien-Darstellern hat Kowalski Musik gemacht, in einem stand er sogar vor der Kamera. Und so soll es weitergehen, sagt er.

Kowalski: "So werde ich mein Leben bestreiten. Ich mache also noch ein paar knallermäßige Alben, dann mache ich Filmmusik und dann bin ich Schauspieler. Und dann ist es auch irgendwann Zeit. Ich meine, wahrscheinlich ist die Erde bis dahin eh abgefackelt, wenn das alles nichts wird mit den Klimazielen."