Erdbebengefahr in Tokio

Von Peter Kujath · 31.01.2011
Das große Hanshin-Erdbeben am 17. Januar 1995 forderte knapp 6500 Todesopfer und führte dem High-Tech-Land Japan vor Augen, wie verletzlich es trotz all der Vorsichtsmaßnahmen bleibt. Japan liegt an der Nahtstelle mehrerer tektonischer Erdplatten. Fast täglich wackelt hier spürbar die Erde.
"Das ist eine dringende Erdbeben-Warnung. Sie werden gleich eine Erschütterung erleben. Bitte bleiben sie ruhig und treffen sie die geeigneten Maßnahmen."

Drei Jahre ist das Erdbeben-Frühwarnsystem jetzt schon in Kraft, aber bisher hat es noch nicht die Erwartungen erfüllt. Mithilfe der schnelleren P-Wellen sollen die Menschen einige Sekunden Zeit gewinnen, ehe die zerstörerischen S-Wellen eintreffen. Dafür hat das japanische Meteorologische Institut, das auch für Erdbebenvorhersagen zuständig ist, das Land flächendeckend mit Messstationen überzogen.

"Es hängt natürlich vom Ort ab, wo man sich selbst befindet und wo das Erdbeben stattfindet. Wenn das Epizentrum unter dem Festland liegt und man sich quasi direkt darüber befindet, dann hat man keine Zeit. Aber wenn sich das Erdbeben unterhalb des Meeresbodens ereignet, dann ist da ein kleiner Spielraum – bis zu einigen Sekunden."

Japans Regierung, seine Forscher aber auch die Unternehmen bemühen sich mit immer neuen Ideen, die zerstörerische Wirkung von Erdbeben einzudämmen. Jüngstes Beispiel ist eine Entwicklung an der Tohoku-Universität.

"Wenn ein Zug plötzlich bremst, dann stemmen die Passagiere ihre Füße entsprechend gegen den Boden. Die Elektromagneten wirken in einer ähnlichen Weise in unseren Experimenten."

Professor Masato Motosaka will mit ihrer Hilfe Gebäuden zusätzliche Stabilität verleihen beziehungsweise die Frequenz der Schwingungen verändern. Wenn die nämlich der Schwingung des Bebens ähnlich ist, verstärkt sich die gefährliche Kraft. Auch hier sollen Seismografen zuerst die Wellen orten, damit sie dann rechtzeitig den Befehl an die Gebäude schicken, die Elektromagnete zu aktivieren.

Einmal im Jahr am 1. September findet in ganz Japan eine große Erdbeben-Übung statt, die das Bewusstsein bei der Bevölkerung für die Gefahr wach halten soll. Die Bauvorschriften sind in Japan sehr streng und fordern eine Reihe von Maßnahmen, um Hochhäuser erdbebensicher zu machen. Für die weitverbreiteten Holzhäuser, die nur ein oder zwei Stockwerke haben, gelten sie allerdings nicht.

"Die Baustruktur für Holzhäuser ist sehr vage und lehnt sich nur an Erfahrungen von Zimmermännern an. Vom wissenschaftlichen Standpunkt her sind japanische Holzhäuser überhaupt nicht sicher. Welche Stärke Querbalken oder andere tragende Elemente haben müssen, ist nicht genau definiert."

Etsugo Koguchi ist Vorstandsvorsitzender des japanischen Verbandes für Erdbebensicherheit und berät Menschen, die die Stabilität ihrer Häuser verbessern wollen. Der Staat subventioniert zwar Maßnahmen, um diese Gebäude sicherer zu machen. Aber die verbleibenden Kosten von umgerechnet über zehntausend Euro lassen die Bewohner meist doch zurückschrecken.
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