Engagement gegen Rechtspopulismus

Schriftsteller Michael Köhlmeier attackiert FPÖ

Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier, hier im Februar 2016 in Wien im Kunstforum der Bank Austria
Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier: "Gehörst du auch zu denen, die sich abstumpfen haben lassen?" © imago/K.Piles
Almut Möller im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 07.05.2018
In der Wiener Hofburg hat der Schriftsteller Michael Köhlmeier vor einem Abstumpfen der Gesellschaft gegenüber Fremdenfeindlichkeit gewarnt. Und auch sie spüre, dass sich sehr beängstigende politische Überzeugungen Bahn brechen würden, sagte dazu die Politologin Almut Möller.
Wie kraftvoll eine Rede sein kann, das hat Österreich an diesem Wochenende erlebt – und die Rede des Schriftstellers Michael Köhlmeier in der Wiener Hofburg hallt in den sozialen Medien weit über Österreich hinaus. Beim offiziellen Gedenkakt des österreichischen Parlaments für die Opfer des Nationalsozialismus positionierte sich Köhlmeier vor prominentem Publikum sehr deutlich gegenüber der rechtspopulistischen österreichischen Regierungspartei FPÖ.
Köhlmeier kritisierte die FPÖ offen und warnte davor, gegenüber den vielen kleinen antisemitischen und ausländerfeindlichen Aussagen von FPÖ-Politikern abzustumpfen. In seiner Rede formulierte er dazu die Frage:
"Gehörst du auch zu denen, die sich abstumpfen haben lassen, die durch das gespenstische 'Immer wieder' dieser Einzelfälle nicht mehr alarmiert sind, sondern im Gegenteil das häufige Auftreten solcher Fälle als Symptom der Landläufigkeit abtun, des Normalen, des 'Kenn' wir eh schon', des einschläfernden 'Is' nix Neues'? Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem Schritt. Nie. Sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung: Erst wird gesagt, dann wird getan."

"Bin bei denjenigen, die sagen: Wehret den Anfängen!"

Die Politologin Almut Möller sprach in unserer Sendung "Studio 9 am Mittag" von einer sehr mutigen Rede. Sie spüre auch in Deutschland, dass sich "sehr beängstigende" politische Überzeugungen Bahn brechen würden. Dies gelte ebenso für Kolleginnen und Kollegen in anderen europäische Ländern. Und insofern sei sie bei denjenigen, die sagen: Wehret den Anfängen", sagte Möller, die in Berlin das Büro des Think Tanks European Council on Foreign Relatiosn leitet.
Von Spitzenpolitikern in Deutschland erwarte sie in diesem Zusammenhang, dass sie klar und deutlich sagen, dass "natürlich die Menschen in Deutschland ein Interesse daran haben, dass Demokratie und Rechtstaatlichkeit in keinem der EU-Mitgliedsstaaten ausgehebelt werden".

"Rücksicht auf Parteifamilien hat Grenzen"

Mit Blick auf die europäische Partei EVP, die im Europaparlament ein christlich-demokratisches, konservativ-demokratisches und nationalkonservativ-rechtspopulistisches Spektrum abdeckt, meinte Möller, dass hier "Diskretion" und "Zurückhaltung" beispielsweise gegenüber der ungarischen Fidesz-Partei Grenzen haben müssten. Deutschland müsse sich vielmehr für Kräfte einsetzen, die sich für Demokratie, Rechtstaatlichkeit und eine offene Gesellschaft in den Ländern Mittel- und Osteuropas weiterhin einsetzten.
Weniger konfrontativ solle die EU allerdings bei der Migrationsfrage vorgehen, hier müsse man nicht auf Mehrheitsentscheidungen und der Umverteilung von Flüchtlingen bestehen:
"Das ist eine Frage, die geht tief in die Identität von Gesellschaften hinein. Und wir haben gesehen, dass Staaten Mittel- und Osteuropas überfordert sind mit dieser Situation."
(huc)
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