Emmy-Verleihung

Klassisches Fernsehen holt kaum noch Preise

Ein Werbebild der Serie «Game of Thrones»
24 Nominierungen, 12 Preise: bei der diesjährigen Emmy-Verleihung räumte die Fantasyserie "Game of Thrones" ab © dpa / 2011 Home Box Office
Von Kerstin Zilm · 21.09.2015
Wie sehr Streamingdienste und Instant Video die Fernsehwelt verändert haben, wurde bei der diesjährigen Emmy-Verleihung deutlich. So bekam etwa Amazon für seine Produktion "Transparent" eine Auszeichnung. Großer Gewinner jedoch war die Fantasy-Serie "Game of Thrones".
Dies ist nicht die Zeit von Fernsehen, wie unsere Eltern es kannten. Dies sind nicht die Emmys, die sie kannten. Es waren nicht mal die Emmys, die die Fernsehakademie noch vor ein paar Jahren veranstaltete:
Zwei Frauen gewinnen für ihre Regiearbeit: Jill Soloway für Komödie Transparent und Lisa Cholodenko für Miniserie: Oliver Kittridge.
Viola Davis wird als erste afroamerikanische Hauptdarstellerin in der Drama-Kategorie ausgezeichnet.
Amazons "Transparent" gewinnt in der Kategorie Komödie
Amazon, ein Unternehmen, das Windeln und Bücher verkauft, räumt in den Komödienkategorien ab. Und das für "Transparent", eine provokante Serie über einen Mann mittleren Alters, der sich gegenüber seiner Familie als Transsexueller outet. Und Jeffrey Tambor, der für diese Rolle einen Emmy bekam, empfindet seine Arbeit nach Jahrzehnten in Hollywood-Filmen als so bedeutungsvoll wie nie zuvor:
"Ich hatte eine Lehrerin, die gesagt hat: wenn du schauspielst, tu es, als würde dein Leben davon abhängen. Und jetzt habe ich die Möglichkeit, es zu tun, weil das Leben anderer Menschen davon abhängt."
Streamingdienste und Instant Video krempeln Fernsehinhalte und Fernsehgewohnheiten um. Zuschauer können sehen, was sie wollen wann sie wollen wo sie wollen. Der bahnbrechende Kabelsender HBO, der uns "Sex and the City" und die "Sopranos" gebracht hat, gehört inzwischen zur alten, wenn auch noch immer erfolgreichen und innovativen Garde. Doch Netflix und Amazon sind salonfähig geworden. Sie ziehen hochkarätige Schauspieler, Autoren und Regisseure an. Sie haben Mut, kontroverse Themen anzugehen, bieten interessante Rollen und gute Arbeitsbedingungen. "Transparent"-Regisseurin Jill Soloway in ihrer Dankesrede:
"Danke der Göttin – das habe ich versprochen. Also Göttin, dann Amazon, Dank der Emmy-Akademie und Amazon-Präsident Jeff Bezos dafür, dass er mir diese großartige kreative Freiheit gibt."
Erster Emmy für schwarze Hauptdarstellerin in einem Drama
Die lange die Emmys dominierenden terrestrisch ausstrahlenden US-Fernsehsender haben dagegen kaum noch Emmys zu feiern. Bemerkenswerte Ausnahme bei dieser 67. Verleihung: Viola Davis, Darstellerin der vielschichtigen, faszinierenden Rechtsprofessorin in der ABC-Serie "How to get away with Murder." Sie ist die erste Afroamerikanerin, die für ihre Arbeit in einem Drama als Hauptdarstellerin einen Emmy bekam. Obwohl US-Fernsehen Hollywood inzwischen weit voraus ist in Sachen Vielfalt, nutzte Davis den Moment, darauf aufmerksam zum machen, dass Gleichberechtigung auch hier noch lange nicht erreicht ist.
"Das Einzige, was farbige Frauen von anderen unterscheidet sind die Chancen, die sie bekommen. Du kannst keinen Emmy für eine Rolle gewinnen, die es nicht gibt. Danke all den Autoren und Autorinnen, die neu definieren, was es bedeutet, schön, sexy, eine Hauptdarstellerin zu sein – und schwarz."
Und selbst der Favorit und Gewinner des Abends in den Drama Kategorien ist ein Zeichen des Wandels: "Game of Thrones". 24 Nominierungen. 12 Preise. Darunter Drehbuch, Regie und bestes Drama. Was ist neu dran? Fantasy-Serien hatten früher bei den Emmys keine Chance. Deshalb auch der Dank von "Thrones"-Produzent David Benioff an HBO dafür, dass man dort an Drachen glaubt.
Gute Aussichten für die Zuschauer
Doch es ist eine andere HBO-Serie, die viele Emmy-Zuschauer an diesem Abend erstmal auf ihren Smartphones und anderen Geräten suchen werden: "Olive Kittridge" über eine pensionierte Lehrerin aus Maine, basierend auf dem gleichnamigen Buch von Elizabeth Strout. Die Mini-Serie räumte in allen Kategorien ab. Und Frances McDormand, die für ihre "Olive Kittridge" einen Emmy als beste Hauptdarstellerin bekam verriet in der wohl kürzesten Dankesrede aller Zeiten das Erfolgsrezept für gutes Fernsehen: manchmal ist alles was man braucht eine gut erzählte Geschichte.
Die Konkurrenz ist größer geworden in der neuen Fernsehwelt. Aber: es gibt auch so viel mehr Plattformen und Formate für Regisseurinnen, Schauspieler und Autorinnen zu zeigen, was sie drauf haben.
Ziemlich gute Aussichten für uns Zuschauer! Wir haben nur die Qual der Wahl!
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