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Deutsche Bank-Chef
Steht John Cryan vor der Ablösung?

Es sieht so aus, als könnten John Cryans Tage als Konzernchef gezählt sein. Die britische Zeitung "The Times" berichtet, die Deutsche Bank sei bereits auf der Suche nach einem Nachfolger.

Von Brigitte Scholtes | 27.03.2018
    John Cryan, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank
    Als John Cryan seinen Job antrat, galt er als Aufräumer (picture-alliance/dpa/Arne Dedert)
    Es wird eng für John Cryan, den Chef der Deutschen Bank, wenn man dem Bericht in der britischen "Times" glauben darf. Danach ist Aufsichtsratschef Paul Achleitner schon auf die Suche gegangen nach einem möglichen Nachfolger – bisher aber offenbar ohne Erfolg.
    So soll Achleitner, der einst selbst für die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet hat, deren Europa-Chef Richard Gnodde angesprochen haben, der aber zeigte offenbar kein Interesse. Sowohl der Chef der italienischen Großbank UniCredit, Jean Pierre Mustier, als auch Bill Winters von der britischen Standard Chartered hätten abgewunken, will die "Times" erfahren haben.
    Dabei ist Cryan selbst noch nicht amtsmüde, das hatte er zumindest noch Anfang Februar versichert:
    "Ich habe versprochen, mein Bestes zu geben, um eine Wende herbeizuführen. Da bin ich auf halbem Weg. Ich möchte weitermachen und das Team führen, bis es Zeit ist für mich zu gehen. Aber noch möchte ich meinen Vertrag erfüllen und die Versprechen einlösen, die ich gegeben habe."
    Hohe Boni trotz Verlusten
    Dazu wird er aber offenbar nicht mehr die Gelegenheit haben – auch wenn die Deutsche Bank selbst das nicht kommentiert. Dafür gibt es einige Gründe: So musste der Brite auch für 2017 wieder einen Verlust melden, dieses Mal waren es 725 Millionen Euro. Auch das erste Quartal lief schwächer als erwartet, vor allem im Investmentbanking. Und dennoch schüttet die Bank hohe Boni aus. Die Aktionäre werden also unruhig.
    Und schließlich wurde dann am Wochenende noch öffentlich, dass Kim Hammonds, die im Vorstand für die IT verantwortlich ist, ihren Arbeitgeber die "unfähigste Firma" nennt, für die sie je gearbeitet habe. Es sieht also ziemlich übel aus in der Bank, sagt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim:
    "In der Deutschen Bank gibt es viele innere Widersprüche, Machtkämpfe, die gelöst werden müssen, wo man jemanden braucht, der mit harter Hand da durchgeht, aber trotzdem: Man braucht auch jetzt jemanden, der die Vision hat, der den Leuten auch Perspektive gibt, den Mitarbeitern auch das Gefühl gibt, wenn wir durch diese Zeit durchkommen, dann haben wir auch eine erfolgreiche Zukunft vor uns."
    Wer macht die Nachfolge?
    Doch solche Manager seien schwer zu finden. Vor allem: Ist Aufsichtsratschef Paul Achleitner dazu der Richtige? Schließlich hatte er auch John Cryan auf den Vorstandsvorsitz berufen. Hans-Peter Burghof:
    "Man sollte, wenn man tatsächlich wechselt, tatsächlich auf beiden Positionen wechseln und dann auch ein Team ran lassen, das wirklich die Bank voranbringen möchte."
    Ein Nachfolger für Cryan sollte jedenfalls nicht aus dem Investmentbanking kommen, wünscht sich Stefan Müller, Chef der Deutschen Gesellschaft für Wertpapieranalyse:
    "Deswegen muss jemand daher, der wirklich langjährige Erfahrung hat und der Vertrauen gibt. Wenn Sie mich jetzt nach einem Namen fragen, bin ich ja immer für Bundesbank-Vorstände oder ehemalige Bundesbank-Vorstände. Also, der Herr Weber zum Beispiel oder auch der aktuelle Bundesbank-Vorstand sind sicherlich Leute, die das besser können als jeder andere."
    Den früheren Bundesbankpräsidenten Axel Weber jedenfalls hatte sich auch Cryans Vor-Vorgänger Josef Ackermann schon für seine Nachfolge ausersehen. Der aber hatte damals vorgezogen, den Verwaltungsratsvorsitz der schweizerischen UBS zu übernehmen. Keine schlechte Entscheidung: Denn die steht inzwischen weit besser da als die Deutsche Bank.