Else Buschheuer: "Venus"

21.03.2005
Das beste Beispiel dafür, dass die Spaßgesellschaft zwar vorüber, dafür aber nichts besser geworden ist, weil einem noch immer die gleichen Gestalten auf die Nerven gehen, dürfte wohl die Schriftstellerin Else Buschheuer sein.
Sie begann ihre Karriere als Wetterfee bei einem Fernsehsender, wurde bald Moderatorin und verfasste dann den Roman "Ruf! Mich! An!", der versuchte, den wilden, bunten und überdrehten Jahren der Jahrtausendwende eine Geschichte zu geben. Als sie im Juni 2001 nach New York zog, um für eine Zeitung zu arbeiten, hatte sie das karrieretechnische Glück, nur wenige Blocks vom World Trade Center entfernt zu wohnen, als dieses nach den Anschlägen vom 11. September 2001 einstürzte. Ein Erlebnis, das sie in ihrem, später auch als Buch veröffentlichten, Internettagebuch verarbeitete und das sie außerdem zum Anlass nahm, sich auf Sinnsuche zu begeben - stellvertretend für die Menschheit checkte sie als personifizierte Identitätskrise in einen Hare-Krishna-Tempel ein - mitten in New York und begann auf der Suche nach dem wahren Leben Muffins für Obdachlose zu backen.

Dabei bliebt es leider nicht, es musste ein neuer Roman dabei entstehen: "Venus" ist das Ergebnis. Ein blondes Modell irrt durch Manhattan, sie hat ihr Gedächtnis verloren und wird wegen Mordes gesucht. Sie landet in "God‘s Motel" einer interreligiösen Kirche, die gleichzeitig Auffanglager für alle möglichen Gestrandeten aus aller Welt ist. Dort verliebt sie sich in einen Mönch, der keine Vergangenheit hat (in der Stadt, die sich ständig selbst erfindet, für alle, die es vergessen haben).

Es ist weniger die ziemlich vorhersehbare Geschichte, die dieses Buch so ärgerlich macht - natürlich hat sie den Mord nicht begangen, natürlich kriegt sie den Mönch nicht, natürlich wird sie am Ende trotzdem glücklich. Es ist das ganze Drumrum. Wow, New York, große Stadt, was hier alles für verrückte Leute rumlaufen! Im Grunde dient das ganze Buch zu nichts anderem, als Personenbeschreibung an Personenbeschreibung zu hängen: eine selbstverständlich greller als die andere. Da gibt den indischen Heiligen, der nie spricht und immer nur in die Sonne schaut. Das Pärchen, das eine wechselseitige Geschlechtsumwandlung hinter sich gebracht hat, der Mann ist zur Frau geworden und die Frau zum Mann. Es gibt den Ex-Mafiosi, der nun die Kirche betreibt, und so weiter und so fort. Alles ganz fürchterlich aufregend und noch nie da gewesen, alles Zeichen, die sagen, da draußen ist es ganz schön wild - und doch die normalste Sache der Welt!

Als "komisch, klug und kosmopolitisch" preist der Verlag das Buch an: über Humor kann man sich bekanntlich streiten. Doch klug dürfte es vor allem in der Art und Weise sein, wie es seine Effekte setzt - denn der Kosmopolitismus, den "Venus" in einem fort beweisen zu müssen glaubt, ist nichts als die Kehrseite der unglaublich provinziellen Haltung der Autorin. Wo Weltstadt draufsteht, da muss wohl eine exotische Freakshow drin sein. Es ist ein Buch, das sich ständig seine eigene Originalität beweisen muss. Und darin lässt es einen rasch ermüden.