Elektrischer Stuhl

Ein Tötungsinstrument wird 125 Jahre alt

Elektrischer Stuhl im Gefängnis von Huntsville in Texas
Elektrischer Stuhl im Gefängnis von Huntsville in Texas © dpa / picture alliance / A0001_UPI
Von Laf Überland · 06.08.2015
Zu "verdanken" ist der Elektrische Stuhl dem Erfinder Edison und seiner Werbekampagne gegen Starkstrom. Das vor 125 Jahren erfundene Gerät wurde in den USA von Giftinjektionen abgelöst, doch erlebt es nach einigen qualvollen Exekutionen eine Renaissance.
"Hier, meine Herren", so berichtete der "rasende Reporter" Egon Erwin Kisch 1928 aus Chicago, "sehen Sie den berühmten Stuhl, der den Geist des Mittelalters mit der größten Erfindung der Neuzeit vereinigt, der Elektrizität. ... Der Delinquent nimmt auf dem Stuhle Platz. Die Lederriemen sind daran befestigt, sie müssen nur noch über den Brustkorb, die Beine und die Arme des Mannes geschnallt werden, was kaum eine Minute dauert. Ebenso schnell wird ein Kontakt auf seinem rechten Bein befestigt. Ein zweiter legt sich, wenn man die in Salzwasser getauchte Ledermaske über sein Gesicht drückt, auf den frischgeschorenen Hinterkopf."
Zu verdanken hat man den Apparat, der dies dann ermöglichte, aber dem Beglücker der Menschheit und Berufserfinder Thomas Alva Edison.
Herr Edison hatte nämlich gerade seine Schwachstromglühbirne entwickelt und wollte damit ganz New York verkabeln. Nun hatte er da einen Konkurrenten, der war zwar billiger, benutzte jedoch Starkstrom. Edison machte sich nun daran, mit einer Werbekampagne die Gefahren des Starkstroms zu demonstrieren. Man schickte einen Angestellten los, der in öffentlichen Vorführungen durch Berührung mit Starkstrom Pferde, Hunde, Katzen und Kaninchen umbrachte.
Dieses Verfahren überzeugte den Gesetzgeber so sehr, dass er die Gefährlichkeit des ursprünglichen Konkurrenzprojektes quasi festschrieb, nämlich durch Übernahme der Werbedemonstration in den Justizvollzug.
46 verpfuschte Hinrichtungen seit 1976
Leider war die Elektrokution dann doch nicht so menschlich, wie sich die Gesetzgeber das erhofft hatten: Immer wieder mal lösten sich die Elektroden, und Flammen stiegen auf, während die Delinquenten zuckten oder schrien. Also wurden, etwas moderner, dann Gaskammern eingeführt, die aber auch zu äußerst schmerzhaften Toden führen konnten – und seit den 80ern schließlich in fast allen der 31 Staaten, die die Todestrafe noch nicht abgeschafft haben, die Giftinjektion. Doch trotz moderner Hinrichtungsmethoden wie der computergesteuerten Injektionsmaschine beschreibt das Death Penalty Information Center in Washington auf seiner Homepage 46 verpfuschte Exekutionen seit der Wiedereinführung der Todestrafe 1976, wobei diese Liste nur eine Auswahl darstellt.
Ein echtes Problem für die Behörden aber entstand, als die vor allem europäischen Pharmafirmen wegen des EU-Folterverbots die Lieferung des bisher eingesetzten Barbiturats Pentobarbital gestoppt hatten – eines Medikaments, das auch zum Einschläfern von Tieren benutzt wird.
Nach dem Versuch, eigene "humane" Giftcocktails zusammenzurühren, war vor einem Jahr eine Hinrichtung zu einem zweistündigen Todeskampf ausgeartet – mit Würgen und Röcheln. Die Beschreibungen der Zeugen lesen sich sehr grausam. Und auch wenn die Zahl der Hinrichtungen 2014 mit 35 auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gefallen ist, suchen die Befürworter der Höchststrafe jetzt dringend nach alternativen Hinrichtungsmethoden.
In drei Staaten gibt es demnach noch funktionierende Gaskammern. Der Tod durch den Strang ist gesetzlich noch in drei weiteren Staaten vorgesehen, und in bislang mindestens Wyoming und Missouri könnten zum Tode verurteilte Verbrecher wieder vor ein Erschießungskommando gestellt werden. Doch Tennessee schließlich war der erste Staat, der letztes Jahr konsequent beschloss: Wenn die Pharmakonzerne nicht liefern, wird der elektrische Stuhl wieder aus der Abstellkammer geholt.
"Old Sparky", wie er liebevoll genannt wird.
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