Electro-Trio Moderat

Technobeats mit Soul und Wärme

Die Band Moderat auf der Bühne
Die Band Moderat auf der Bühne © imago/Star-Media
Von Dennis Kastrup · 04.04.2016
Zunächst war Moderat nur ein Nebenschauplatz für Sascha Ring, Gernot Bronsert und Sebastian Szary. Mittlerweile ist daraus ein erfolgreiches Electro-Projekt geworden, dessen Auftritte schnell ausverkauft sind. Doch bedeutet dies auch eine Annäherung an den musikalischen Mainstream?
Sascha Ring: "Wir haben immer grundsätzlich das Gefühl, dass wir was anderes machen müssen, also es geht gar nicht darum, irgendwie was besser zu machen, sondern wir müssen eh immer irgendwie was anderes machen. Und wir müssen eh immer also vor allem auch dem Rest der Welt so gerecht werden."

"Dem Rest der Welt gerecht werden". Diese Worte hätte Gernot Bronsert vor sieben Jahren wohl nicht so gesagt. Damals hatten Moderat gerade ihr erstes Album veröffentlicht. Aus Spaß. Heute verkaufen sie in wenigen Stunden die Clubs in London und Berlin aus. Der Anspruch, dem Rest der Welt zu gefallen, steigt. Der Insidertipp von früher steht jetzt mitten im Rampenlicht. Das verändert auch die Musik, findet Sascha Ring.

"Mit jedem Album, das wir machen, hören wir, dass das letztes Album ein bisschen mehr abging sozusagen. Abgehen tun die Alben ja jetzt schon seit einer Weile nicht mehr unbedingt. Es ist einfach auch der Moment: Wir drei hier zusammen in dem Studio, da kommt einfach keine Clubmusik mehr raus, Euphorie schon, aber jetzt gerade…weiß ich nicht."
Die elektronische Musik hat sich in den vergangenen 20 Jahren stark verändert. Die Musiker von Moderat hatten großen Anteil daran, indem sie den kantigen Technobeats die Kälte nahmen. Sie hauchten der Musik Soul und Wärme ein.

"Unsere Art bringt gerade mehr traditionellere Songs hervor"

Das Durcheinander der wilden Raver-Jahre in den 90ern mündet also in gereiften Stücken. Diese Entwicklung deutete sich schon mit dem Vorgänger an und findet mit "III" ihre Vollendung.
"Die Art, wie wir jetzt grade Musik machen, bringt einfach mehr traditionellere Songs hervor. Es ist nicht unbedingt so, dass wir so hoch konzeptionell arbeiten und ins Studio gehen und einen totalen Plan haben. Wir lassen es einfach irgendwie passieren. Und dieses Mal war das wahrscheinlich einfach der Prozess, der am ehesten zu den tollsten Ergebnissen geführt hat. Dazu gehört einfach, dass es eine Songskizze gab und ich dazu eine Vokalidee hatte, schon in einem sehr frühen Stadium."
Gesang und Instrumentierung schmiegen sich eher aneinander als parallel nebeneinander zu laufen.

Bühnenshows schon von Anfang an anders

Fast schüchtern wirken die charakteristischen tiefen Bässe von Modeselektor. Die gewohnten Synthieflächen sorgen dabei für die ekstatischen Momente des Albums. Zusätzliche Wärme wurde durch analoges Aufnehmen erzeugt.

"Sehr viele Percussions wurden tatsächlich irgendwie mit Mikrofonen eingefangen, weil es einfach auch im Prozess sehr viel aufregender ist, wenn man hier durch das Studio springt und dann stellt sich so eine Euphorie ein und dann fängt man an, überall drauf zu hauen. Das sind irgendwie coole Momente, weil die sind auch physisch. Da passiert was und nicht wie halt vor dem Rechner zu sitzen und die ganze Zeit Google zu befragen."

Dieses physische Erlebnis ist auch Teil der visuellen Erfahrung. Schon sehr früh setzte das Trio auf Bühnenshows, die mehr als nur drei Musiker mit Laptops oder Synthesizer sind. Moderat leben von Bildern, von Lichtern im Raum und digitalisierten Welten um sie herum. Das schlägt sich auch in dem Albumcover nieder: ein altes Foto aus den Anfangstagen der Fotografie. Man sieht ein Kind in einem Kleid. Vielleicht ein Mädchen, vielleicht aber auch ein Junge. Selbst die Musiker von Moderat wissen das nicht so genau.
Gernot Bronsert: "Wir fanden das so passend. Da ist quasi so das dritte Kind geboren. Vielleicht ist das auch ein Erwachsener. Man weiß es einfach nicht. Es ist so ein androgynes Wesen, was einfach hinter dem Mysterium so ein bisschen steht."
Auch das Album ist schwer einzuordnen. Moderat sind ernster geworden. Rings Gesang wirkt an manchen Stellen ein wenig wehleidig. Das drückt die Stimmung und rückt die gut produzierte Musik in den Hintergrund. Vielleicht hat man sich nach all den Elektrosoul a la James Blakes auch zu sehr an diese Art der Musik gewöhnt. Anders sein ist schwieriger geworden Sieht man die Songs aber als Teil einer Trilogie, so ist "III" die gelungene Fortsetzung der Erfolgsgeschichte von Moderat.
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