"El Sistema"

15.04.2009
Vor mehr als 30 Jahren gründete José Antonio Abreu in Venezuela ein Netz von Musikschulen für Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen. Der Film zeigt, wie eine Million Kinder durch die Musik einen neuen Lebenssinn bekommen, und das Engagement der Lehrer, die mit viel Freude eine gigantische pädagogische Arbeit leisten.
BRD 2008, Regie: Paul Smaczny, Maria Stadtmeier, 90 Minuten, ohne Altersbegrenzung

In der mitreißenden Dokumentation über die Jugendorchesterbewegung von Venezuela machen uns der auf Musikdokus spezialisierte Paul Smaczny und Regisseurin Maria Stodtmeier mit einem einzigartigen System sozialer und musikalischer Bildung in einem durch gewalttätige gesellschaftliche Konflikte und Armut geprägtem Land bekannt.

Sein Spitzenprodukt, das Jugendorchester "Simon Bolivar", hat weltweite Berühmtheit erlangt. Doch die Erfolge dieser von José Antonio Abreu 1975 begonnenen Initiative, die heute eine Viertelmillion Kinder und Jugendliche erfasst und weitgehend staatlich unterstützt wird, ist ungleich größer. Es ist wohl eine dieser konkreten Utopien für ein anderes gesellschaftliches Zusammenleben, mit denen der lateinamerikanische Kontinent immer wieder überrascht. Denn dieses Musikschulsystem hat von Anfang an nach dem Willen seines Gründers vor allem arme Kinder über die Musik in eine anderes, von Sorgen, Gewalt und "angeborener Armut" freies Leben geführt.

Der Film zeigt ohne Autorenkommentar die verschiedenen Organisationsstrukturen des Projekts und das Engagement der Lehrer, die ohne Drill, dafür mit Freude eine gigantische pädagogische Arbeit leisten.

Für die Vorschulkinder beginnt alles mit einem "Papierorchester", weil das Geld für so viele Instrumente fehlt. Die Kamera geht in die Familien in den Slums und lässt den Zuschauer erleben, wie die disziplinierte Arbeit in diesen Schulen nicht nur das betroffene Kind, sondern sein ganzes Umfeld verändert.

Der Optimismus der Organisatoren, bald einer Million Kindern über die Musik einen neuen Lebenssinn zu geben, wird hinreißend begründet, wenn man die Kinder musizieren sieht. Lateinamerikanische Rhythmen wie schwierige klassische Partituren werden mit unglaublicher Leidenschaft und Lebensfreude dargeboten, vor der musikalischen Perfektion steht das Herzblut, das die kleinen Musikanten überschwänglich einbringen.

Die Musik ist ein Genuss und der soziale Impetus bewundernswert. Der Film macht einfach Freude, aber er lässt den Zuschauer schon zornig an den Kampf denken, den Musikschulen in einem reichen Land wie Deutschland um ihre Existenz führen müssen.

Film-Homepage "El Sistema"