Eine permanente Irritation?

Von Burkhard Birke · 19.01.2010
Mit Installationen, Videos und verschiedensten Aktionen sucht Robyn Orlin in ihren Stücken die Interaktion mit dem Publikum und dessen Reaktion jenseits der klassischen Formen des Tanzes.
"Ich bin diese klitzekleine Person, dieser Punkt, der sich mit all den anderen im Universum vereint und versucht sich mit dem Rest des Universums im Kreis zu bewegen."

Zu bewegen und etwas zu verändern - müsste man ergänzen. Die Welt zu verbessern liegt der vielfach preisgekrönten Choreografin am Herzen. Robin Orlin ist Idealistin durch und durch:

"Frieden, Liebe, guter Wille ... Verständnis, Mitgefühl, Solidarität."

Dafür arbeitet die 1955 in Südafrika geborene Tochter eines vor den Russen geflohenen Litauers und einer Polin – auch wenn sie wie ein Hippie klinge, wie sie mit einem breiten Lachen sagt.

Die Bewegung war Robyn Orlin quasi in die Wiege gelegt. Ihre Tante und Mutter tanzten. Früh kam sie mit klassischem, mit modernem und afrikanischem Tanz, aber auch mit dem Rassismus des Südafrikas der Apartheid in Berührung. Ihm, dem Rassismus – nicht nur in ihrem Heimatland – gilt seither ihre ganze Aufmerksamkeit, ihr Kampf, überall:

"Bei den Unruhen 2005 in Frankreich habe ich gemerkt, dass sich nichts verändert hatte, und ich glaube wir müssen darüber reden ..."
Deshalb hat sie ihre neueste Kreation Call it 'kissed by the sun' or better still the revenge of geography – auf deutsch: Nenne es von der Sonne geküsst oder besser die Rache der Geographie' ganz diesem Thema gewidmet, das Stück als Solo für den schwarzen Hip Hopper Ibrahim Sissoko konzipiert, der die Wände des Unverständnisses, der Intoleranz nieder zu tanzen versucht!

Das ist die Botschaft von Robyn Orlin: Sie möchte die Wände des Rassismus in ihrer Heimat Südafrika, in Frankreich, wo sie sehr viel arbeitet, aber auch in ihrer Wahlheimat Deutschland einreißen:

Rassismus raus aus Deutschland

Seit sieben Jahren lebt sie mit ihrem Mann, dem deutsch- südafrikanischen Filmemacher Oliver Schmitz in Berlin. Dort wächst auch ihre siebenjährige schwarze Adoptivtochter Ruby auf. Aus Südafrika ist Robyn Orlin als Kind sehr früh weg, zur Ausbildung zunächst an die Londoner Royal Academy of Dance. Später absolvierte sie an der Londoner School for Contemporary Dance dank eines Stipendiums eine mehrjährige Ausbildung in zeitgenössischem Tanz. Südafrika hat sie aber nie wirklich verlassen oder hinter sich gelassen.

Sie arbeitete als Choreografin und Tänzerin in ihrer Heimat, gründete dort 1982 die erste schwarze Tanzgruppe. Ihr Kampf gegen die Apartheid ließ sie zur 'permanenten Irritation' – so ihr Spitzname - werden. Später erweiterte sie ihr artistisches Arsenal dank eines weiteren Stipendiums in Chicago durch einen Master in Performing Arts, darstellender Kunst.

Mit Installationen, Videos und verschiedensten Aktionen sucht Robyn Orlin in ihren Stücken die Interaktion mit dem Publikum und dessen Reaktion jenseits der klassischen Formen des Tanzes. Dabei dürfte die Ausnahmechoreografin noch für so manche Überraschung gut sein.