"Eine kleine Hamburger politische Hakelei"

14.09.2010
Eigentlich galt sein Vertrag bis zum Ende der Spielzeit 2014/15. Mit der Begründung "gravierender Unterfinanzierung" verlässt der 59-jährige Intendant Friedrich Schirmer mit einer Frist von zwei Wochen das traditionsreiche Hamburger Schauspielhaus.
Wie alle anderen staatlichen Bühnen sei das Haus ausreichend finanziert, wies der Hamburger Kultursenator Reinhard Stuth Vorwürfe von Schirmer zurück. Stuth räumte ein, die Hansestadt habe nicht alle Zusagen der Vergangenheit eingehalten. Dies sei der Haushaltslage geschuldet. Zugleich lobte der CDU-Politiker Friedrich Schirmers Bereitschaft, auf Ansprüche aus seinem laufenden Vertrag zu verzichten, als sehr honorig.

Berühmte Vorgänger wie Gustaf Gründgens und Peter Zadek leiteten das Theater. Über den Weggang von Friedrich Schirmer aus dem Hamburger Schauspielhaus sprach Fazit mit dem Theaterkritiker Michael Laages. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:

Vladimir Balzer: Schirmer verwies darauf, dass er 2008 nur seinen Vertrag verlängert habe, weil er mehr Geld zugesichert bekommen hätte. Nun werde dieses Versprechen nicht eingehalten. Schlimmer noch: Er müsse kürzen. Die Rede ist von 330.000 Euro im bereits laufenden Haushalt. Bei solchen Summen ist ein Rücktritt doch fast unausweichlich?

Michael Laages: In diesem Fall ja, weil die Mitteilung über diese Kürzung eine kleine Hamburger politische Hakelei gewesen ist. Eigentlich wäre über die Finanzierung des laufenden Haushaltes spätestens Ende der vorigen Spielzeit - also Ende Mai, Anfang Juni - zu reden gewesen. Die damals noch amtierende Kultursenatorin Karin von Welck hat diesen Termin verschoben mitten in die ersten Tage der neuen Spielzeit in den September hinein. Und da ist dann offenkundig dem Hamburger Schauspielhaus mitgeteilt worden, dass es nicht nur einige der zugesagten Stützungen von außerspielplanmäßigen Projekten wie beispielsweise dem Jungen Schauspielhaus so nicht geben werde, sondern vor allem, und das macht die Sache hoch kompliziert, dass das Deutsche Schauspielhaus die angehäuften Schulden, also die Defizite aus dem vergangenen Jahr, und das ist immerhin knapp eine Million, jetzt möglichst schnell abbauen solle. (…) Und dadurch ergibt sich dieser starke Eingriff in den laufenden Etat. Dass ein Intendant einen Eingriff in einen laufenden Etat nicht von heute auf morgen machen kann, das darf man als bekannt voraussetzen.

Das vollständige Gespräch mit Michael Laages können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot bis zum 15. Februar 2011 als MP3-Audio nachhören.