Eine aufstrebende Rocksängerin

Von Friederike Wigger und Sabine Huthmann · 28.02.2012
Cäthe Sieland ist kein Geheimtipp mehr. Im vergangenen Herbst erschien ihr erstes Album, und ihre zweite große Tour durch Deutschland startet gerade. Sie gilt sogar als respektable Nachfolgerin der jungen Gianna Nannini und füllt große Hallen.
Cäthe: "Es ist natürlich zuerst die Emotion, die damit verbunden wird. Und der Klang der Worte ... Ein gutes Gedicht ist ja nicht gleich ein guter Liedertext. Und das ist das Problem, was ich manchmal habe."

Eine, die sich traut.

Cäthe: "Das ist immer eine Gratwanderung, ob die Silbe jetzt da passt oder so."

Nur ein kleiner Punk.

"Oder ich hau da jetzt einfach drei Worte rein, die müssen da rein einfach, weil das charmanter ist, oder weil - das Lied möchte aufgebrochen werden. Dass man sich neuen Herausforderrungen stellt beim Texten auch."

Ein kleiner, ziemlich leerer Probenraum in Hamburg-Altona.

Cäthe: "Ich mach ja Musik nicht nur am Instrument, sondern auch am Rechner mit dem Programm Logic. Also ich mach da praktisch meine ganzen Arrangements, das ist meine Spielwiese."

Geboren ist sie als Catharina Sieland.

"Ich hatte eine gute Freundin, die Cello spielte und die mich frech Cäthe nannte. Das hat mich angesprungen, und ich hab so gedacht, das passt ganz gut zu mir, und seitdem bin ich einfach Cäthe."

Das Freche hört man ihrer Stimme an, aber dass sie sich in einem ihrer Songs als "kleiner Punk" bezeichnet, verwundert ein wenig. Eine zarte Erscheinung ist sie, eher edel gekleidet, mit einem offenen, klaren Blick und auch auf der Bühne ein absoluter Blickfang.

Stimme und Bewegungen sind vollkommen eins und dazu braucht sie weder eine Gitarre noch videotaugliche Choreografien.


Cäthe: "Also es gibt Künstler, die sich sicherer fühlen, wenn sie was festhalten können auf der Bühne. Ich brauch eben die Armfreiheit, ich muss mich irgendwie so bewegen können."

"Warum fängt ein Kind an zu singen. Weil es Musik mag? Oder weil es im Mittelpunkt stehen will. Keine Ahnung."

"Es war meine Stimme. Es musste etwas sein, was aus mir kommt. Ich bin einfach Musikfanat glaub ich. Ich denk, was mir am nächsten ist, ist das Aus-mir-kommende. Das ist wie so ein Selbstgespräch, wenn ich anfange zu singen."

Ein unermüdliches Musikerleben führt Cäthe schon lange. Inzwischen ist sie fast dreißig. Ursprünglich kommt sie aus Sachsen-Anhalt, aus einer Schmiedefamilie.

Cäthe: "Ich glaube, dass mich das auch sehr geprägt hat. Ich war viel bei meinen Großeltern aufm Hof, und da war dann die Schmiede, das Feuer oder diese Geräusche eben – Bing. Das ist so ne ganz eigene Welt inner Schmiede umherzufahren mit m Dreirad so, auch diese Gerüche so und äh diese Hitze, also mit hartem Material, das butterweich sein kann."

Kurz vor der Wende stellt die Familie einen Ausreiseantrag und zieht nach Aalen bei Stuttgart. Dort finden ein paar Jahre später die ersten Versuche im Übungskeller statt.

Mit 19 reizt sie die Musikfachschule im fränkischen Dinkelsbühl. Zwei Jahre studiert sie dort Rock Pop und Jazz.

Cäthe: "Das war im Grunde die Wende meines Lebens würd ich mal sagen. Da ist auch schnell klar geworden, wer von diesen Menschen besser in eine Coverband passt. Für mich war das von vorne herein klar, dass ich mich in so was nicht wohl fühlen könnte. Und dass mein Weg n bisschen steiniger ist."

Nach dem Studium nimmt sie am legendären Popkurs teil, den die Hochschule für Musik und Theater in Hamburg veranstaltet. Aus dieser Schmiede sind unter anderem Bands wie "Wir sind Helden" oder "Seeed" hervorgegangen. Hier lernt sie auch den Gitarristen Florian Eilers kennen, mit dem sie bis heute zusammenarbeitet.

Cäthe: "Das ist wie als würde ich eine Leinwand bemalen. Immer wieder. Und dann würd ich wo drübermalen und so entsteht meine Musik eigentlich am Rechner. Ich arbeite sehr viel mit Rhythmus , ob meine Worte da drauf passen. Und beginne dann irgendwann mit der Melodie und baue - ja – ein Haus sozusagen."

"Ich wach auf mit acht Milliardlingen im Bauch, da mein ich natürlich die Menschen und schlaf ein als Acht-Dollar-Hure so, also ich bin einfach leer, ich bin ausgebrannt, ich fühl mich benutzt. Ich kann das natürlich auch alles aufzählen aber für mich ist das dann einfach ’ne Hure. Ich bin ja auch ’ne Rocksängerin, ’ne? Und da gibt es schon Leute, die sagen, hättest Du’s nicht anders sagen können? Ich meine, wenn das Dein Opa hört, so ne?"

Der lebt inzwischen als pensionierter Schmied noch immer in Sachsen-Anhalt und hört die Musik seiner Enkelin trotzdem gerne!

Cäthe: "Ja! Aber bei solchen Wörtern hört er dann halt mal weg oder so. Aber prinzipiell isser stolz auf mich."