Einblicke in den Klosterkosmos

13.06.2007
Mit 21 Jahren beschließt Veronika Peters, in ein benediktinisches Kloster einzutreten. Ihren fast zwölfjährigen Klosteraufenthalt zeichnet sie in ihrem Buch "Was in zwei Koffer passt" nach. Mit Witz und Esprit räumt sie mit Nonnenklischees auf und schildert ihre Erfahrungen auf der Suche nach Gott.
Veronika Peters hat mit 21 Jahren schon einiges erlebt: Fünfzehn Jahre im Elternhaus mit alkoholkrankem, cholerischem Vater, Ausbildung zur Erzieherin, Arbeit in Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mit 19 Jahren konvertiert die evangelische Christin trotz bestehender Zweifel zum katholischen Glauben, da ihr "die farbenfrohe, sinnliche Feier des Gottesdienstes" gefällt. Als die 1966 Geborene eine attraktive vierzigjährige Benediktinerin trifft, die Klarheit und Entschiedenheit ausstrahlt, führt ihr Weg ins Kloster.

Veronika Peters neigt zu beherzten Schritten und radikalen Schnitten. Zwei Koffer, eine letzte Zigarette. "Keine Rückversicherung, keine Altlasten." Ein Abenteuer beginnt, ein spirituelles Langzeitexperiment von fast zwölf Jahren, wie sich herausstellen wird.

Als die junge Frau 1987 ins Kloster eintritt, trifft sie auf Nonnen mit kuriosen Namen wie Placida und Germana - und auf Schwester Paula, zuständig für Obstplantage und Imkerei. Sie ist "die originellste alte Frau", der Peters je begegnet ist: "klug, kauzig, komisch." Ihr setzt die Autorin en passant ein kleines Denkmal.

Andere Mitschwestern machen es der Autorin nicht immer leicht: Hier ein schiefer Mundwinkel, dort kein erwidertes Lächeln. Die Reise nach innen geht an viel sagenden Gesichtern vorbei, denen im Klosterkosmos nicht zu entkommen ist beim gemeinsamen Versuch, sich ganz in der Gottsuche zu verwurzeln.

Peters lernt die Regeln des heiligen Benedikt schätzen, insbesondere den klar strukturierten Tagesablauf, sowie die benediktinische Liturgie, die "als das 'Schwarzbrot' unter den Gottesdienstformen" gilt. Die täglich gebeteten Psalmen, die Jubel und Liebe, Klage und Fluch artikulieren, werden der Autorin zu Deutungshilfen ihrer Klostererlebnisse.

War Weihnachten zuvor das emotionsgeladene Familienfest, entdeckt Peters im Kloster die nüchterne Dimension dieses Hochfestes. Dort zieht man sich am Heiligen Abend zurück, um kurz vor 23 Uhr nach uralter Tradition mit dem Spruch geweckt zu werden: "Verbum caro factum est. Alleluja!" Die folgende dreistündige Mitternachtsmesse ist ein Erlebnis, das "auch die größte Weihnachtshasserin" in den Bann zieht.

Auf 251 Seiten zeichnet Veronika Peters ihre lange "Probe und Ausbildungszeit" nach, in der sie gemeinsam mit ihren Mitschwestern herausfinden möchte, "ob ein Leben als Benediktinerin" ihre Berufung ist. Der Weg zur Vollnonne ist reich an Höhen und Tiefen. Beim Gehorsamsversprechen gegenüber der neuen Äbtissin etwa versagen der Schwester Veronika die Worte, zumindest das Wort "Mutter" will nicht über ihre Lippen.

Nach Harpe Kerkelings Pilgerbuch liegt mit Veronika Peters Klosterbuch wiederum eine Art Erfahrungsbericht vor, der von Offenheit und Ehrlichkeit, von lakonischen Bemerkungen und unkonventionellen Fragen lebt. Weder wird Spiritualitätsgeschichte referiert noch Theologie doziert. Statt dessen wird das Ringen einer Frau erkennbar, die zuvor mit buddhistischer Meditation geflirtet und mit freikirchlichen Christen diskutiert hat.

"Was passiert, wenn ich auf alle Arten der Zerstreuung verzichte: kein Radio, kein Fernsehen, kein Telefon? Werde ich verrückt, oder finde ich etwas heraus?"

Veronika Peters hat ein unterhaltsames, gut lesbares Buch verfasst, nicht ohne Witz und Esprit. Es räumt auf mit Nonnenklischees, lässt teilhaben an positiven und negativen Erfahrungen, Fragen und Skepsis. Keine Beichte, schon gar keine Abrechnung mit Zorn im Blick zurück. Vielmehr zeugt die autobiografische Skizze von Zuneigung und Respekt gegenüber den Benediktinerinnen - und von einer letzten inneren Distanz. "Gescheitert? Nein, weitergegangen", lautet das Resümee der Ex-Nonne.

Rezensiert von Thomas Kroll

Veronika Peters: Was in zwei Koffer passt. Klosterjahre
Goldmann Verlag, München 2007
256 Seiten, 18 Euro.